Presse- und Meinungsfreiheit
Augsburger-Allgemeine.de: Beschlagnahme von Nutzerdaten war rechtswidrig
Landgericht Augsburg: Nutzer-Äußerungen im Forum waren keine Beleidigung
Durfte die Polizei Ende Januar in den Redaktionsräumender Augsburger Allgemeine Nutzernamen beschlagnahmen, um an den Klarnamen eines Nutzers des Onlineforums heranzukommen? Nein, sagten die Richter des Landgerichts Augsburg am Dienstag und gaben einer Beschwerde des Verlages statt.
Am 28. Januar 2013 hatte ein Polizeibeamter der Online-Redaktion der Augsburger Allgemeinen einen Durchsuchungs- und Beschlagnahme-Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vorgelegt. Auslöser für diese Aktion war eine Strafanzeige des Augsburger Ordnungsreferenten Volker Ullrich (CSU) gewesen, der sich von einem Foren-Nutzer beleidigt gefühlt hatte. Dieser hatte Ullrich in einem Leserkommentar „Rechtsbeugung“ vorgeworfen.
Durchsuchung verhindert, Nutzerdaten herausgeben
Zwar löschte die Redaktion die entsprechenden Passagen über den Lokalpolitiker im Forum, die Daten des betroffenen Nutzers gab sie aber nicht an den Rechtsanwalt Ullrichs heraus. Erst als die Polizei den Beschluss der Amtsrichter präsentierte, gab die Redaktion nach, um eine Durchsuchung der Redaktionsräume zu verhindern – legte aber sofort gegen den Beschluss Beschwerde ein.
Rechswidriger Beschluss
Die Richter des Landgerichts Augsburg entschieden jetzt, der Durchsuchungsbeschluss sei rechtswidrig gewesen, da die Äußerungen des Foren-Nutzers „bei einer wertenden Gesamtbetrachtung“ des Falls nicht strafbar waren. „Die Aussage, dass dieser im Zusammenhang mit dem Verkaufsverbot alkoholischer Getränke an Tankstellen Recht beuge und Betreiber massiv bedrohe, stellt lediglich eine subjektive Bewertung der Haltung des Ordnungsreferenten dar“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Gerichts (siehe auch Beschluss der x. Strafkammer des Landgerichts Augsburg, PDF, vier Seiten, 193 kb).
Auch wenn diese Bewertung in herabwürdigender Form erfolgte, sei der straffreie Bereich mit Blick auf die Meinungsfreiheit bei Äußerungen zu politischen Themen weiter zu fassen als in der Privatsphäre, erklärten die Juristen und beriefen sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Nutzer fallen nicht in den Schutzbereich der Pressefreiheit
Dem Argument der Redaktion, dass Foren-Nutzer sich als Informanten auf den Schutz durch die Pressefreiheit berufen könnten, folgten die Richter jedoch nicht. Userbeiträge seien zum einen nicht dem redaktionellen Bereich zuzuordnen. Zum anderen sei ein Forum-Nutzer nicht als Informant eines Pressemitarbeiters anzusehen.
„Die Verantwortung für derartige Beiträge liegt nach den Nutzungsbestimmungen für das Forum allein beim jeweiligen User, von deren Inhalt sich die Betreiberin ausdrücklich distanziert“, lautet die in der Pressemitteilung veröffentlichte Begründung des Gerichts.
Der BJV begrüßt die Entscheidung der Augsburger Richter und die Stärkung der Meinungsfreiheit gerade in der politischen Auseinandersetzung.
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Externe Links:
- Augsburger Allgemeine, 21.03.2013: Kommentar: Beschlagnahme in der AZ: Der Internetnutzer als Informant
- Augsburger Allgemeine, 20.03.2013: Landgericht: Beschlagnahme in AZ-Redaktion war rechtswidrig
- Cicero Online, 30.01.2013: Polizei bei der Augsburger Allgemeinen: „Völlig überzogen" Interview mit BJV-Geschäftsf. Jutta Müller