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Bewegen sich die Öffentlich-Rechtlichen und die Privaten aufeinander zu? Ulrich Meyer scheint es anzudeuten, Gundula Gause (links) und Sissi Pitzer staunen
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Veronika Vogelsang

Süddeutscher Journalistentag

Die K-Frage

Gundula Gause (ZDF) und Ulrich Meyer (Sat 1) plaudern im Forum Rundfunk über die Rolle der Moderatoren

Mainz, 19.03.2013

Nein, einfach nur Moderatoren, im Volksmund auch Sprechpuppen genannt, das wollen Gundula und Ulrich Meyer, wenn man sie beim Süddeutschen Journalistentag richtig verstanden hat, nicht sein. Ihr Job beim Fernsehen sei mit „Moderator“ unzureichend umschrieben.

Eine ausgezeichnete Moderatorin
„Die Moderation ist nur das Tüpfelchen auf dem i“, sagten die beiden bekannten Fernsehmoderatoren unisono. Waren also Gundula Gause und Ulrich Meyer überhaupt die Richtigen, um im Forum Rundfunk zweimal 45 Minuten über die Rolle der Moderatoren zu sprechen? Und ob. Gundula Gause, 47, macht im April die 20 Jahre als Co-Moderatorin des heute-journal im ZDF voll. Sie ist so etwas wie die linke Hand von Anchor Claus Kleber und hätte allein schon deshalb das Bundesverdienstkreuz verdient. Den hohen Orden bekam sie kürzlich aber für ihr ehrenamtliches Engagement.

Einer der seriösesten Journalisten
Auch Ulrich Meyer, 57, ist zur TV-Institution geworden. Seit bald zwei Jahrzehnten deckt er in seinem Magazin Akte auf Sat 1 Ungerechtigkeiten gegen Verbraucher auf. Weil er das stets in dunklem Zwirn und Krawatte tut, bezeichnete ihn Sissi Pitzer, die Moderatorin des Forums-Talks, als „einen den seriösesten Journalisten im Privatfernsehen – zumindest (und für diese Einschränkung erntete Pitzer Lacher im Publikum) vom Aussehen“.

„Hauen Sie auf mich drauf!“
Öffentlich-rechtliche Frontfrau traf also auf Privatfunkpromigesicht – das duale System im deutschen Fernsehen war paritätisch besetzt. Es hätte also gut krachen können im Systemgebälk. Ulrich Meyer forderte das Publikum sogar keck auf: „Was Sie schon immer gegen die Privaten sagen wollten – hauen Sie es auf mich drauf!“

Allein, es haute niemand richtig drauf. Das mag einerseits daran gelegen haben, dass Meyer redegewandt und selbstkritisch genug ist, die Schwächen des eigenen Systems zu benennen. Andererseits bemerkte Gundula Gause zu Recht: „Wir bewegen uns aufeinander zu.“ ARD und ZDF machten leichte Abstriche bei der Steifheit, während die Privaten nicht mehr so locker-flockig aufträten wie in ihren Anfängen.

Äußerst akribisches Arbeiten
Wenn man Gause und Meyer so zuhörte, konnte man den Eindruck gewinnen, dass Moderieren im Privat- wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Großen und Ganzen ähnlich funktioniert. Beide machten deutlich, dass Moderieren Präzisionsarbeit im Team bedeutet. Ulrich Meyer lässt seine Moderationstexte grundsätzlich von mehreren Augen prüfen, weniger aus stilistischen als juristischen Gründen, denn jede Unterlassungserklärung koste seine Firma, die das Akte-Magazin produziert, 1800 Euro.

Gundula Gause erzählte, wie sie mit ihrem Schlussredakteur um jedes Wort, um jede Satzstellung ringe, damit der Zuschauer nicht wegzappt. Und wehe, sie hole beim Verlesen einer heiklen Nachricht an der falschen Stelle Luft. Dann, so ist es ihr schon öfter passiert, hagelt es böse Zuschauerpost, in der ihr Parteinahme unterstellt wird. „Unser Job ist Erbsenzählen“, stöhnte die „journal“-istin.

Ein bisschen gekabbelt, und zwar auf höchst unterhaltsamen Niveau, haben sich die zwei TV-Handwerker dann doch noch und Unterschiede herausgearbeitet. Emotion in der Moderation? Verbietet sich die Nachrichtenfrau Gause: „Wir haben grundsätzlich den Anspruch, objektiv und sachlich zu berichten.“ Im Magazin-Journalismus hingegen ist Ulrich Meyer zufolge „dosierte Emotion von großer Bedeutung“, um den Zuschauer zu kriegen. „Privatfernsehen ist Emotionsfernsehen.“

Zuschauerstatistik: Alt, älter, ZDF & Sat1?
Trotz aller Emotion springen auch seinem Sender Sat 1 die jungen Zuschauer weg, sodass sich der Altersschnitt inzwischen in ZDF-Sphären, also jenseits der 60 bewegt. Was kann also ein Moderator tun, um die Jungen zu kriegen? An der Ansprache feilen? Vielleicht auf die Krawatte verzichten?

Für Ulrich Meyer, der sich in Mainz in Jeans und grünem Tweed, aber ohne Schlips präsentierte, wäre das ein No go. Er ist stolz, der letzte Krawattenträger bei Sat 1 zu sein, seit Peter Limbourg zur Deutschen Welle wechselte. Und Gundula Gause pflichtete ihm bei: Nachrichten ohne Krawatte? „Das geht nicht.“

Oder doch? Das ZDF bastelt an einem neuen Nachrichtenformat für die Jungen, ein „Mittelding zwischen logo und heute-journal“, in dem ein krawattenloser Moderator durchaus vorstellbar wäre, verriet Gause. Meyers Senderfamilie Pro Sieben Sat 1 setzt derweil die „Stefanraabisierung des deutschen Fernsehens“ (Meyer) fort.

Raab wird seine Fanmassen mitbringen
Entertainer Stefan Raab soll das Kanzler-Duell mit moderieren, was ihm gestandene Journalisten wie Gundula Gause nicht zutrauen. Die K-Frage, in diesem Fall Krawatten-Frage, wurde zwar noch nicht gestellt. Doch Ulrich Meyer ist sich schon sicher: „Das Duell wird keinen Deut schlechter werden durch Raab, aber er wird seine Kohorten von Schlag den Raab mitbringen.“ Und das ist es wohl, was zählt: erst die Quote, dann die Qualität.

Senta Krasser

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