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Verschlossene Türen am Trainingsgelände des TSV 1860
Den Verantwortlichen des TSV 1860 gefällt die Berichterstattung einiger Medien nicht – der Verein möchte die Journalisten daher mit restriktiveren Akkreditierungen bestrafen
Foto: 
Thomas Mrazek

BJV-Landesvorstand

Pressepolitik nach Gutsherrenart beim TSV 1860

Münchner Zweitligist entzieht drei Zeitungen die Dauerakkreditierungen

München, 31.01.2017

Ende 2016 kritisierte der Investor des Zweitligisten TSV 1860 München, Hasan Ismaik, die Münchner Medien in einem Facebook-Posting heftig. Es wurde ein Presseboykott gegen alle Journalisten ausgesprochen, Mannschaft und Funktionsträger durften für einige Tage nicht mehr mit Pressevertretern sprechen. Zudem wurde allen Medien ein Hausverbot auf dem Trainingsgelände des Vereins erteilt. Die Restriktionen wurden nach einigen Tagen wieder aufgehoben (wir berichteten ausführlich). Der Friede währte indes nur einige Wochen.

Berichterstattung gefällt nicht
Jetzt hat der Geschäftsführer des TSV 1860 München, Anthony Power, neue Maßnahmen gegen Kollegen Münchner Medien erlassen. Am Montagabend erhielten die Kollegen von Bild München, tz und Münchner Merkur eine E-Mail vom Geschäftsführer. Er teilte ihnen darin mit, dass sie „bis auf Weiteres keine Dauerakkreditierungen für unsere Heimspiele in der Allianz Arena“ erhalten.

Den Grund nannte er auch: „Wir haben uns für diesen Schritt entschieden, da wir aufgrund der Berichterstattung in den letzten Wochen und Monaten derzeit keine Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sehen.“

„Selbstverständlich werden wir Ihnen im Sinne der Pressefreiheit die Möglichkeit geben, über den TSV 1860 München zu berichten. Zu diesem Zweck können Sie Antrag auf Tagesakkreditierungen stellen.

Für ein ergänzendes Gespräch stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.“

Schikanöse Maßnahmen
Die betroffenen Kollegen fühlen sich dadurch bei ihrer Arbeit erheblich schikaniert, schließlich könnte der Verein ja auch eine Tagesakkreditierung ablehnen.

Der BJV-Vorsitzende Michael Busch kritisierte die Restriktion als „unsäglich“. Im vergangenen Jahr habe der BJV die Verantwortlichen beim TSV 1860 dazu aufgefordert, wieder auf professioneller und kollegialer Basis mit allen Journalisten zusammenzuarbeiten. „Diese Bitte können wir nur wiederholen: Bereinigen Sie bitte in Gesprächen die entstandenen Unstimmigkeiten, benennen Sie die Ihrer Meinung ungerechtfertigte oder falsche Berichterstattung. Und verzichten Sie vor allem auf solche willkürlichen Maßnahmen, die letztlich auch dem Ansehen Ihres Vereines in der Öffentlichkeit schaden“, sagte Busch.

Thomas Mrazek


Aktualisierung, 02.02.2017, 14.00 Uhr
Apropos Solidarität: Der Präsident des Journalisten-Weltverbandes IJF, Phillipe Leruth, hält die Maßnahmen des TSV 1860 München gegen Journalisten für inakzeptabel: Vor allem im Hinblick auf Unabhängigkeit der Sportjournalisten, schreibt Leruth in einer Stellungsnahme zur Reaktion des BJV auf den Entzug der Dauerakkreditierungen. Auch in seinem Heimatland Belgien habe es ähnliche Probleme gegeben, die Anlass einer Vereinbarung mit dem Belgischen Fußballverband waren. Danach darf kein Verein Journalisten den Zutritt zu Pressetribüne und Presseraum verbieten. 

Aktualisierung, 01.02.2017, 19.00 Uhr
Die Abendzeitung ist solidarisch mit den Kollegen der anderen Zeitungen: „(...) AZ-Chefredakteur Michael Schilling gab dazu folgende Stellungnahme ab: „Bei der AZ finden wir den Fall befremdlich und berichten deshalb auch darüber. Das Vorgehen der Löwen ist genauso willkürlich und schikanös wie die Auswahl der Kollegen, denen die Dauerakkreditierung entzogen worden ist. Ihnen fühlen wir uns solidarisch. Dass die Löwen ausgerechnet in einer Phase, in der sie mit einem personellen Umbruch eine sportliche Wende einleiten wollen, zu solchen Mitteln greifen, passt leider nur zu gut in die turbulente jüngere Geschichte dieses Klubs.““
Auch Abendzeitungs-Sportchef Matthias Kerber kommentiert den Vorgang ausführlich: „Selbstzerfleischung“.

Aktualisierung, 01.02.2017, 18.00 Uhr
Sport1 meldet: „Die Bild hat sich bereits bei 1860 München und der Deutschen Fußball Liga (DFL) über den Entzug beschwert. Nach SPORT1-Informationen wollen sich die drei Zeitungen im Zweifel die entzogenen Dauerkarten juristisch zurückholen. Die Zusage für die Dauerkarten durch 1860 zu Saisonbeginn hält man dort für die gesamte Saison für bindend, da man keine Auflagen verletzt habe.“

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