Daumen nach oben für die die erste FREIstunde
Vorstand der Fachgruppe Freie im BJV
Freuen sich über Besucher*innen bei der Online-FREIstunde – Vorstand der Fachgruppe Freie: (von links:) Vorstand der FG Freie mit Martin Semmler, Marion Trutter, Anne Webert und Johannes Michel
Neue Gesprächsrunde der Fachgruppe Freie bietet digitalen Stammtisch
Bei der ersten „FREIstunde“ ging es nicht nur um drängende Finanzfragen, sondern am Rande auch um Kolumbiens Medien.
Es war ein pandemiebedingter Testballon, sich mit Bayerns freien Journalist*innen statt in der Kneipe oder im Biergarten am Online-Stammtisch zu verabreden. Fast alle Daumen gingen aber nach oben, als Marion Trutter, Vorsitzende der Fachgruppe Freie im BJV, fragte, ob denn Interesse an weiteren FREIstunden bestünde.
Vor allem auch einige „Nicht-Münchner“ begrüßten die Möglichkeit zum Austausch innerhalb des BJV, der manchem Freien außerhalb der Landeshauptstadt sonst zu kurz kommt.
„Zweite erste“ FREIstunde am Freitag
Weil schon vorab viele Kolleg*innen Interesse bekundet hatten, beraumte der Fachgruppenvorstand um Trutter gleich zwei Termine an. Beim ersten Treffen tummelten sich knapp 20 Teilnehmer*innen im Zoom-Raum – inklusive einem Teilnehmer aus Kolumbien, der kurze Einblicke in die Medienlage auf dem amerikanischen Kontinent gab. Eine „zweite erste“ FREIstunde ist für den morgigen Freitag, 15. Mai, um 18 Uhr anberaumt (Infos bei Marion Trutter, info@marion-trutter.de).
Soforthilfe fürs Unternehmen, nicht für den Unternehmer
Es war kaum anders zu erwarten: Nach kurzer Begrüßung drehte sich das offene Gespräch ums bayerische Soforthilfeprogramm, durch dessen Raster allerdings fällt, wer keine Betriebsausgaben wie etwa eine Büromiete aufzuweisen hat, denn die Hilfe ist gedacht fürs Unternehmen, nicht für den Unternehmer.
Anne Webert, die nicht nur Vorstandsmitglied der Fachgruppe Freie in Bayern, sondern zudem auf Bundesebene Vorsitzende des DJV-Fachausschusses Freie ist, verwies darauf, dass es schon Fälle gibt, bei denen Geld zurückgefordert wird. Denn derzeit gilt die Soforthilfe in Bayern ausschließlich für Betriebskosten.
Sehnlich erwartet: Das Künstlerhilfsprogramm
Sehnlich wartet mancher Freie deshalb darauf, wie sich zeigte, dass das Antragsformular fürs bayerische Künstlerhilfsprogramm abgerufen werden kann. Beantragt werden könnten dann drei Monate lang je 1000 Euro.
Der BJV hatte mehrfach nahgehakt, bis die Pressestelle des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst diese Woche schriftlich bestätigte: „Alle Berufsgruppen, die von der KSK in ihrer Übersicht zu künstlerischen bzw. publizistischen Tätigkeiten genannt werden, werden vom bayerischen Künstlerhilfsprogramm erfasst. Darunter fallen auch Journalistinnen und Journalisten.“
KSK-Beitrag senken – Für und Wider
Diskutiert wurde im Zuge der FREIstunde auch, ob es sinnvoll sei bei sinkenden oder auch ausbleibenden Einnahmen als freier Journalist dies der Künstlersozialkasse (KSK) zu melden und so den Beitrag zu senken.
Der Haken: Damit sinken unter Umständen auch die Ansprüche gegenüber der Krankenkasse erheblich, denn das Krankengeld bemisst sich an dem bei der KSK gemeldeten Arbeitseinkommen. Als vielleicht sinnvoller betrachtet deshalb mancher Freie in Geldnot eine Stundung der Beiträge. Beim Finanzamt kann zudem eine Steuerstundung beantragt werden.
Wie Verlage jetzt mit Freien umgehen
Ein ganz Anderes kristallisierte sich im Verlauf der FREIstunde auch heraus: Verlage gehen mit „ihren Freien“, auch wenn die Häuser Kurzarbeit angemeldet haben, ganz unterschiedlich um.
Die einen beauftragen weiter oder suchen sogar ganz bewusst nach Themen, die sich auch ohne Terminjournalismus „draußen“ umsetzen lassen. Doch gibt es eben auch viele Freie, die die Pandemie knallhart spüren, weil Redaktionen keine Jobs mehr nach außen vergeben.
Und mehrere FREIstunden-Stammtischler, die jetzt noch ganz gut über die Runden kommen, äußerten die Sorge, dass sich die Situation im Laufe des Jahres verschlechtern könnte.
Aus Kolumbien eingewählt
Für ein inhaltliches Schmankerl sorgte beim digitalen Treff Teilnehmer Wolfgang Goede, der sich aus Kolumbien eingewählt hatte und schilderte, wie er die Pandemiesituation dort erlebt. Einen Teil des Jahres lebt der Wissenschaftsjournalismus in Südamerika, die übrige Zeit im bayerischen München.
Mit Donald Trump in den USA und Jair Bolsonaro in Brasilien befänden sich nördlich und südlich von Kolumbien zwei Präsidenten, die der Wirtschaft Vorrang einräumten. Dort treibt vor allem die Sorge um, dass Covid19 über den Amazonas von Brasilien aus ins Land eingebracht werde.
„Medien zu staatsnah“
Drei Tage vor Ostern verhängte Kolumbien den absoluten Lockdown – laut Goede wohl mit extrem großem Rückhalt in der Bevölkerung. Allerdings kritisiert der Wissenschaftsjournalist: Medien schrieben ihm zu staatsnah. Man könnte extrem viel nachfragen, zum Beispiel würden die Nachteile der Armen nicht thematisiert. Bei den US-Medien indes beobachtet er: CNN sei unglaublich streitlustig im positiven Sinne. BBC indes halte sich britisch vornehm eher zurück.
Michaela Schneider
Weitere Informationen
Journalist*innen und die Corona-Krise: bjv.de/corona