Durchhaltewillen als Erfolgsrezept
Porträtbild von Beatrice Hohler in der Zoom-Sitzung
Einfach weitermachen auch wenn es mal nicht so gut läuft: Beatrice Hohler
Beatrice Hohler schilderte bei der FREIstunde ihren Weg in einen selbstbestimmten Journalismus
Trotz besten Biergartenwetters trafen sich auf Einladung der Fachgruppe Freie ein gutes Dutzend Kolleginnen und Kollegen, um den spannenden Werdegang von Beatrice Hohler mit zu verfolgen.
In der Juli-FREIstunde stellte die stellvertretende Fachgruppen-Vorsitzende Gesine Jordan im Rahmen der Reihe „Erfolgsgeschichten“ die Deggendorfer Journalistin und ihre Fachpublikationen zu den Themen Hochzeitsplanung, Baby und Gesundheit & Pflege vor. Neben den Geschäftskonzepten, die hinter den Publikationen stehen, war es vor allem die bewegte Geschichte ihres Berufsweges, die die Teilnehmer*innen interessierten.
In den 1950er Jahren in die Familie eines Redakteurs beim Fränkischen Volksblatt geboren interessierte sie sich schon mit zehn, elf Jahren dafür, was ihr Vater so in der Zeitung schrieb. Der hielt seine sieben Kinder an, sich ihr Taschengeld im Zeitungsverlag selbst zu verdienen.
Kampf um Selbstbehauptung
So jobbte Bea schon früh im Archiv, später in der Nachrichtenverteilung am Fernschreiber und wuchs so ganz automatisch in den Redaktionsbetrieb hinein. Nur die Redakteursarbeit hat der jungen Frau Ende der 1960er Jahre keiner zugetraut. Damit begann ihr Kampf um Selbstbehauptung.
Da sie kaum professionelle Unterstützung fand, brachte sie sich alles selbst bei: Überschriftentexten, passende Bildunterschriften, Bleisatz ... Mit dieser Arbeit finanzierte sie sich Sprachkurse im Ausland, ein Studium, einen Au-pair- Einsatz in den USA – doch Masterabschluss und Jobben gingen nicht überein; eine sicher geglaubte Volontariatsstelle erhielt der Sohn des Verlegers.
Mit 28 Jahren ohne geregelte Ausbildung und Uni-Abschluss wähnte sie sich am Ende ihres Berufswunsches. Doch sie gab nicht auf und bewarb sich auf eine Redakteursstelle beim Würzburger Vogel-Verlag. Sie überzeugte im Vorstellungsgespräch und bekam die Chance, ohne entsprechende Vorkenntnisse ein Export-Sondermagazin über China zu erarbeiten, das sich damals nach Westen öffnete – und Hohler die Tür als Pressereferentin bei der Messe München.
Viele Rückschläge aber ein unerschütterlicher Wille
Es folgten noch viele weitere Stationen in der beruflichen Entwicklung über Donau TV, eigene Videoproduktionen und erste Online-Schritte für die deutsche Community in Spanien – und immer waren es Entwicklungen in der Medienwelt und auch familiäre Situationen, die für herbe berufliche Rückschläge sorgten, in denen sich aber auch Chancen zur Weiterentwicklung zeigten.
Heute gibt Beatrice Hohler in Eigenregie drei jährliche, rein werbefinanzierte Magazine zu den Themen Hochzeit, Baby und Gesundheit & Pflege heraus, die sie auch zum großen Teil selbst kostenlos im östlichen Niederbayern verteilt. Ihre Erfolgsdevise lautet: Regionalität, Print und journalistische Professionalität.
Was aber allen Teilnehmer*innen von dieser FREIstunde in Erinnerung bleiben wird, ist der unerschütterliche Wille, weiterzumachen, nach dem Sturz das sprichwörtliche Krönchen zu richten, zu schauen, wo sich die nächsten Chancen zeigen, und zuzugreifen. Wobei es nicht darauf ankomme, ob man den Anforderungen gerecht werde, sondern darauf, ob man sich selbst der Herausforderung gewachsen fühle und auch bereit sei, zu völlig neuen Ufern aufzubrechen.
Martin Semmler
FREItage 2022 online
Auch in diesem Jahr gibt es wieder unser FREItage, diesmal unter dem Motto: Kopf hoch, Frust raus – Tipps und Ideen für den Re:Start
Workshops, Informationen und Netzwerken für freie Journalist*innen jeweils freitags ab 14 Uhr am 7., 14., 21. und 28. Oktober 2022 im Netz.
Das Programm gibt es in der nächsten Woche online.