Gutes Handwerk, Schnelligkeit und viel Fleiß
Porträtbild von Daniel Michel, der ein Handy in seiner Hand hält
Kann mit fussball.news in der Bundesliga mithalten: Daniel Michel
Mit fussball.news kann der Münchner Daniel Michel in der Bundesliga mitspielen
Ob er nach der zumindest für Deutschland ziemlich enttäuschenden Fußball-WM nicht deprimiert sei, möchte ich beim Treffen mit Daniel Michel gleich zum Einstieg wissen. Der sportliche Frust sowie Ärger und Groll über das umstrittene Austragungsland Katar und den dubiosen Fußballverband FIFA bei Fans, Medien und Werbetreibenden könne sich doch nur negativ auf sein Geschäft auswirken.
Michel, Jahrgang 1981, betreibt in München seit 2015 das werbefinanzierte Nachrichten-Portal fussball.news, das sich überwiegend der ersten Bundesliga widmet. Er habe schon viel im Fußball, in 17 Jahren Journalismus (unter anderem bei den Online-Angeboten von Sport1 und Eurosport) und eben mit seinem eigenen Portal erlebt.
Sportlich sei es die beste Weltmeisterschaft mit „dem besten Finale ever“ gewesen, sagt er, und weiter: „Ich lebe 24 Stunden Fußball. Wir hatten mit fussball.news das beste Jahr unserer Geschichte, und für 2023/2024 erhoffe ich mir weiter steigende Klickzahlen.“ Und so schaut er auf die Stimmungslage mit Blick auf sich wie seine Arbeit gelassen.
Auf seinen Erfahrungsschatz und das Gefühl für das Metier greift er täglich zurück, schließlich zählen hier vor allem Schnelligkeit und Effizienz. Die Idee, ein Portal für Fußball-Nachrichten zu gründen, kam ihm 2015 eines Morgens in der U-Bahn. Als er um 6.30 Uhr durch München fuhr, wollte er auf seinem Smartphone die neuesten Nachrichten rund um den Fußball lesen – musste aber feststellen, dass zu dieser frühen Stunde noch keine im Netz standen.
Am Anfang war’s die Hölle
Die Idee für das Portal fussball.news war geboren, neben der Seite gründete er die Absolut Fußball GmbH und startete mit der Vorgabe „Die Nummer eins in Deutschland mit den schnellsten Fußball-Nachrichten am Morgen“ zu werden, ergänzt durch Hintergrundstücke und Interviews. Doch er hatte sich übernommen.
Die ersten zehn Monate seien „die Hölle“ gewesen, erzählte er 2017 bei einer BJV-Veranstaltung. So ziemlich alles, was schieflaufen konnte, sei auch schiefgelaufen. „Nach meinem Businessplan hätte ich schon längst zusperren müssen.“ Doch mit täglichem Aufstehen um 5.30 Uhr, wenig Schlaf und zehn freien Mitarbeitenden habe er es geschafft, seine Abrufzahlen kontinuierlich zu steigern und für Werbeeinnahmen zu sorgen.
Dass er gleich zum Start eine GmbH gründete, hält er für wichtig. Das signalisiere Geschäftspartnern wie Vermarktern, dass es sich um ein seriöses Unternehmen handle. Dass er gleich mit 30 freien Mitarbeiter*innen startete, sei einer seiner größten Fehler und einfach nicht zu finanzieren gewesen. Da habe er viel Lehrgeld bezahlt. Mittlerweile habe er ein Stammteam von fünf freien Mitarbeitern, Frauen täten sich diesen Job bislang eher nicht an.
Schwierig sei es zunächst auch gewesen, einen guten Werbevermarkter als Partner zu finden. Das hat sich längst geändert.
Spielberichte bringen keine Klicks
Spielberichte bringen keine Klicks Das Prinzip der fussball.news erscheint gewagt, so vermisst man als Besucher der Seite die klassischen Spielberichte, Liveticker und Tabellen: „Spielberichte bringen uns keine Klicks“, erklärt Michel. Die Inhalte seines Angebots finden die Nutzer vor allem über die OneFootball-App, unter deren Dach einige Portale ihre Inhalte präsentieren. Spielberichte deckt ein anderes Portal ab.
Bei der WM wurden vorwiegend Zitate von Spielern aus Internet-Quellen als Artikel aufbereitet. „Wir haben uns eher auf Reaktion fokussiert, was sagt der Spieler nach dem Match”, erklärt Michel. Vor den Spielen erfolge eine normale Berichterstattung, die beispielsweise auf Pressekonferenzen basiert. „Man muss immer effizient denken“, betont Michel. Die Nutzer würden zumeist mehrere Portale und Apps für ihre speziellen Interessen haben.
Mit den Großen mitspielen
Für sein Portal bliebe auch im Angebot der Branchengrößen wie etwa Kicker.de oder Sport1 noch genug übrig: „Wenn zum Beispiel ein Spieler wie Joshua Kimmich nach der WM sagt, er falle in ein Loch, bringt uns diese Nachricht über 100.000 Leser.“ Freilich müsse man dabei immer unter den Ersten sein, die solche Nachrichten kuratieren und über die App pushen.
Journalistisch biete man auch Einordnungen, Analysen und Prognosen. Zumeist werden die Inhalte von ihm und seinen Kollegen ziemlich schnell zweitverwertet. Zu urheberrechtlichen Streitigkeiten sei es bisher nicht gekommen, betont Michel, der viel Wert auf fairen Journalismus sowohl unter Kolleg*innen als auch gegenüber den Nutzer*innen legt. Mittlerweile gäbe es 50, 60 Portale, die ähnlich arbeiten.
Das Wichtigste sei nach wie vor, „dass wir in der Frühe zwischen 6 und 9 Uhr News bieten“, auch abends nach 19 Uhr lege einer seiner Mitarbeiter los und poste mehrere Artikel. Die Erfolgsgeheimnisse seien dieser „Zeit-Gap, das fachliche Wissen und Handwerk sowie unheimlich viel Fleiß“. Seine Mitarbeiter erfüllen diese Maximen und arbeiten in Teilzeit und aus dem Homeoffice für ihn, einige sind schon seit fünf Jahren dabei. Manche machen auch in der Bundesliga Karriere: Ein Kollege wechselte beispielsweise in die Kommunikationsabteilung von Eintracht Frankfurt.
Zweites Standbein gegründet
Jeden Tag finde „ein Kampf um die Klicks statt“, ein Stammpublikum habe man nicht, „weil wir nicht emotionalisieren“. Vor allem User*innen unter 25 Jahren nutzten das Angebot bei OneFootball. Gemächlicher geht es bei einem zweiten Portal zu, das Michel Ende 2022 startete: spielerfrauen.news, hier „dreht sich alles rund um die Lebensgefährtinnen der Fußballstars“. Diese Seite soll sich zu einem zweiten, ruhigeren Standbein für den flinken Nachrichtenmacher entwickeln.
Michel hat immer an seine Idee geglaubt, wenn es Rückschläge gab, habe er nach neuen Lösungen gesucht. Schwierige Phasen habe es immer wieder gegeben, er hatte Schulden für das Portal, aber ans Aufgeben habe er nie gedacht. Er will weiter in der Bundesliga mitspielen.
Erschienen im BJVreport 1/2023 (blätterbare Version / PDF-Version)
Mehr zum Sportjournalismus unter bjv.de/sport.
Thomas Mrazek
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