Sein Leben war der Journalismus
Beim DJV-Verbandstag in Lübeck 2022 wurde Günter Weislogel für sein Engagement geehrt. „Ich bin jetzt Vergangenheit - lebt ihr jetzt die Zukunft!“, rief er dort den Delegierten zu.
Nachruf auf Günter Weislogel – Ehrenmitglied im DJV und BJV
Mit seinem badensischen Gleichmut und seiner unerschütterlichen Kenntnis von Satzungen und Tarifwerken hat er auch im größten Trubel so manche Versammlung befriedet. Meine erste Begegnung mit Günter Weislogel war auf einem DJV-Verbandstag Anfang der 2000er-Jahre. Es ging dort, wie so oft, hoch her und er erklärte geduldig, aber bestimmt, dass ein „Ende der Debatte“ nichts anderes bedeute, als dass nun jeder seinen Mund zum vorher aufgerufenen Tagungsordnungspunkt zu halten habe. Auch der damalige Vorsitzende der Fachgruppe Freie, der ihm immer wieder ins Wort fiel.
Solche Szenen wiederholten sich Jahr für Jahr. Günter Weislogel hat sein ausgleichendes Wesen immer wieder als Tagungspräsident unter Beweis gestellt, viele solcher DJV-Verbandstage profitierten von seinem analytischen Überblick. Er konnte streng sein, wenn es um Strukturen, die Einhaltung von Regeln und um die journalistische Sache ging. Aber nie wurde er persönlich oder gar verletzend.
Der Journalist aus Mainfranken hat vor 40 Jahren zum ersten Mal am DJV-Verbandstag teilgenommen. Er blieb der Veranstaltung treu und kam fast jedes Jahr wieder. Für dieses Engagement wurde er am 6. November 2022 in Lübeck geehrt. Diese Ehrung bedeutete ihm, der bereits gesundheitlich angeschlagen war, viel. Und er freute sich, viele seiner langjährigen Freunde und Wegbegleiter dort noch einmal zu sehen und sich an gemeinsam geschlagene Wortschlachten zu erinnern.
In der Nacht zum 28. Dezember 2022 starb Günter Weislogel im Alter von 76 Jahren im Krankenhaus Lohr am Main (Landkreis Main-Spessart).
Seine Ausbildung war „Learning by Doing“
Geboren am 19. Juli 1946 in Oberkirch (Ortenaukreis) hatte er die Höhere Handelsschule in Kehl besucht. Seine Ausbildung sei ein „Learning by Doing“ gewesen, erzählte Günter Weislogel einmal im BJVreport. Er hatte 1964 mit 18 Jahren nach der höheren Handelsschule das Volontariat beim Badischen Tagblatt in Kehl angefangen. Als Jungredakteur berichtete er aus dem rechtsrheinischen Hanauerland und aus Straßburg. Ende der 60er-Jahre begann er berufsbegleitend ein BWL-Studium mit Wahlfach Personalwesen an der Betriebswirtschaftsakademie, das er 1974 in Stuttgart als geprüfter Betriebswirt abschloss.
An den Untermain kam er dann 1968, als er zum Main-Echo wechselte. Bis Ende April 2006 war Weislogel Leiter der Lokalredaktion des Lohrer Echo mit den Themenschwerpunkten Kommunalpolitik und regionale Wirtschaft. In den 90er Jahren wirkte er als Ausbilder beim Main-Echo.
Engagement in vielen Ämtern
Weislogel hat den BJV und den DJV über viele Jahre hinweg wesentlich mitgeprägt und vor allem auch in der Aus- und Fortbildung wichtige Akzente gesetzt, er war als Vertreter seines Berufsstandes in verschiedenen Funktionen innerhalb und außerhalb der Verbände tätig. Im Mai 1976 wurde er zum stellvertretenden BJV-Bezirksvorsitzenden Mainfranken gewählt, fünf Jahre später zum Gründungsvorsitzenden des BJV-Ortsverbandes Main-Spessart.
Maßgeblich war der Lohrer Echo-Redakteur am Wiederaufbau der Fachgruppe Tageszeitungen im BJV beteiligt, die er bis 1990 leitete. Weitere 16 Jahre setzte er sich als stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe ein. Er war mehrere Jahre Mitglied der DJV Gesamtvorstandes und der Großen Tarifkommission, arbeitete in zahlreichen Gremien und Fachausschüssen mit. Für dieses Engagement zeichnete ihn der DJV 2004 als Ehrenmitglied aus, 2009 wurde er zum ersten von inzwischen sechs Ehrenmitgliedern des BJV ernannt.
„Nicht immer vergnügungssteuerpflichtig“
„Meine über 50 Jahre im DJV und die 40 aktiven im BJV möchte ich nicht missen. Auch wenn sie – von Feiern, Freundschaften und erfolgreichen Hilfsaktionen abgesehen – längst nicht immer vergnügungssteuerpflichtig waren“, sagte der Journalist aus Anlass von 70 Jahren BJVreport. Für das liberale Empfinden eines gebürtigen Badensers gingen führende Ober-Bayern früher zu rustikal und deftig mit Funktionärskollegen aus „Preußen“ um. Kollegiales Wollen zu ergründen und zu bündeln, schien ihm, so berichtete er im Interview, zeitweilig ebenso schwierig wie das Ringen um die Einsichtsfähigkeit mancher Verleger.
Er verlor selten die Geduld, war stets ein aufmerksamer Zuhörer und guter Ratgeber, ein liebenswerter Mensch, der die schönen Seiten des Lebens schätzte und sie mit seiner Ehefrau Ulrike („Ulla“), aber auch mit Freunden und Kollegen gern teilte. Ulla war an seiner Seite während aller Stationen seines journalistischen Lebens. Und sie begleitete ihn, fast symbiotisch, durch die Höhen und Tiefen des Lebens und teilte mit ihm die Sorgen, die seine angegriffene Gesundheit in den letzten Jahren auslöste. Sie litt buchstäblich mit ihm – bis zuletzt.
Nun hat Günter Weislogel die journalistische Bühne für immer verlassen. Mit ihm geht eine Persönlichkeit, die Maßstäbe im menschlichen Umgang mit den Kollegen, aber auch mit Andersdenkenden, und in der gewerkschaftlichen Solidarität gesetzt hat. Er hinterlässt eine große Lücke.
Die Beisetzung findet am Freitag, dem 13. Januar 2023 um 14 Uhr auf dem Hauptfriedhof Lohr am Main statt.
Statt Blumen bittet Ulrike Weislogel um eine Spende unter dem Stichwort ,Günter Weislogel‘ an das Bildungs- und Sozialwerk des BJV (BSW), das in Not geratenen Journalistinnen und Journalisten hilft.
Die Bankverbindung des BSW:
Sparda-Bank München eG
IBAN: DE82 7009 0500 0004 1200 00
BIC: GENODEF1S04.
Maria Goblirsch