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Redaktionelle Unabhängigkeit bei Ippen achten!

18.10.2021

Abbildung Otto Brenner Preis 2020

Ippen Digital wirbt mit einem Hinweis auf den Otto Brenner Preis 2020 für kritischen Journalismus, bei dem zwei Kolleg*innen der Mediengruppe ausgezeichnet wurden

Der DJV fordert die Ippen-Gruppe und Altverleger Dirk Ippen nachdrücklich auf, die Trennung von Redaktion und Verlag zu beachten

Anlass ist die mutmaßliche Verhinderung einer Berichterstattung des Ippen-Investigativteams zu Vorgängen beim Axel Springer-Verlag durch den Münchner Verleger Dirk Ippen.

Eingriff nach Gutsherrenart
„Sollten die Vorwürfe des Ippen-Investigativteams zutreffen, dass Herr Ippen persönlich die Berichterstattung verhindert hat, dann wäre das ein massiver Eingriff in die redaktionelle Unabhängigkeit und die innere Pressefreiheit der Redaktion bei der Ippen-Gruppe,“ sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall in einer Pressemitteilung. „Ein solcher Eingriff nach Gutsherrenart wäre völlig inakzeptabel. Verleger haben grundsätzlich die Finger von redaktionellen Entscheidungen zu lassen.“

Die New York Times („At Axel Springer, Politico’s New Owner, Allegations of Sex, Lies and a Secret Payment“) und das Online-Magazin Übermedien ([€]„Recherchen über „Bild“-Chef: „Buzzfeed“-Verleger Ippen verhindert Veröffentlichung“) hatten über die Vorwürfe und einen Brief des Investigativ-Teams an Ippen und die Geschäftsführung berichtet.

Am Sonntag sollten in den Ippen-Medien eigentlich bislang unbekannte Details über mutmaßlichen Machtmissbrauch bei Axel Springer veröffentlicht werden, zu denen das Investigativ-Team des Hauses monatelang recherchiert hatte. Laut eines Briefes des Investigativ-Teams, der Übermedien und dem DJV vorliegt, sprach sich Altverleger Dirk Ippen in einer Gesellschafterversammlung vehement gegen die Berichterstattung aus und verhinderte sie damit.

Schaden für die Glaubwürdigkeit des Journalismus
„So wird Vertrauen zerstört und die Redaktion beschädigt“, kommentierte DJV-Vorsitzender Überall. Auch für die „Lügenpresse“-Rufer und Verschwörungsideologen, die von gesteuerten Medien fabulieren, sei der Vorgang Wasser auf ihre Mühlen. „Dirk Ippen und der Verlag müssen jetzt dringend für Transparenz sorgen. Es muss klar sein, dass die Redaktion und das Investigativ-Team frei arbeiten und veröffentlichen können“, schreibt der DJV weiter in seiner Pressemitteilung.

Gute Chance für den Investigativjournalismus
Im BJVreport 5/2021 des Bayerischen Journalisten-Verbands, der Ende der Woche erscheint, berichtete Thomas Mrazek unter dem Titel „Die Radikaldigitalen von München“ über die forcierten Netzaktivitäten der Münchner Ippen-Gruppe: „Beim rasanten Wachstum von Ippen Digital soll die Qualität nicht zu kurz kommen“.

U.a. schrieb er: „Junge Zielgruppen versuche man mit Angeboten wie Buzzfeed und Ingame zu erreichen. Buzzfeed wurde im August 2020 von der Ippen-Gruppe übernommen. Aus diesem Portal rausgelöst wurde im Juni Ippen Investigativ gegründet, das vierköpfige Team unter der Leitung von Chefredakteur Daniel Drepper ist bereits mehrfach preisgekrönt. Drepper sieht in diesem Arrangement gute Chancen für den investigativen Journalismus: „Wir werden weiterhin als unabhängige Redaktion aufwändige Recherchen zu Problemen vorantreiben, die bisher keine oder zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Vor allem aber können wir in Zukunft noch stärker vom Netzwerkeffekt profitieren.“

Offenbar seit März 2021 recherchierten die Kolleg*innen der Investigativ-Redaktion an dem Thema „Machtmissbrauch gegen Frauen und weitere Misstände bei Axel Springer SE ...“. In einem ausführlichen Protestbrief der Redaktion an den Verleger schreiben die Kolleg*innen: „Wir haben über Wochen die für eine Verdachtsberichterstattung notwendigen Fragen abgewägt und presserechtlich geklärt (...).

Unverständnis über Ippens Haltung
Diese und andere Bemühungen der Ippen-Gruppe um mehr Qualität im Journalismus dürften durch die Entscheidung von Dirk Ippen großen Schaden nehmen. Der BJV-Vorsitzende Michael Busch kommentierte: „Dass ein Medienmensch wie Ippen offensichtlich die Begriffe Pressefreiheit, Trennung von Verlag und Redaktion sowie die Idee einer unabhängigen Berichterstattung nicht kennt, muss zu denken geben. Mit Medienkompetenz hat das alles nichts zu tun“.

Aktualisierung, 22.10.2021„
Bei den Recherchen wurden auch Aussagen von Mathias Döpfner, Springer-Chef und Vorsitzender des Verlegerverbandes BDZV, öffentlich, mit welchen er Journalist*innen diffamiert. Bisherige Konsequenzen: keine. „Das darf nicht so bleiben“, sagen DJV-Vorsitzender Frank Überall und DJV-Sprecher Paul Eschenhagen in einem Kommentar auf dem DJV-Blog: „Keine Konsequenzen, keine Entschuldigung?“


Nachtrag 1, 18.10.2021, 17:36 Uhr:
Stellungnahme der Redaktion der Frankfurter Rundschau (gehört auch zur Ippen-Gruppe): Freiheit nicht antasten
Der Text endet so: „Wir fordern unseren Verleger auf, die redaktionelle Unabhängigkeit nicht anzutasten“.

Nachtrag 2, 18.10.2021, 18:10 Uhr:
Pressemitteilung Axel Springer SE: Nach neuen Erkenntnissen: Axel Springer entbindet Julian Reichelt von seinen Aufgaben

Nachtrag 3, 18.10.2021, 21:45 Uhr:
Tweet von Daniel Drepper: „Gemeinsam mit dem @DerSpiegel veröffentlicht @laloeffelstiel nun die Recherche, die zu Reichelts Rücktritt geführt hat. Großen Dank und Respekt besonders an alle Quellen - und an Juliane, die dieses Stück gegen unglaubliche Widerstände durchgesetzt hat. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/bild-chef-julian-reichelt-warum-er-gehen-musste-a-3a205fa3-9967-4803-8a32-c47e8a0ad227

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