Warnstreik bei der ARD: Journalistinnen und Journalisten fordern Wertschätzung vom BR
Der BJV-Vorsitzende Michael Busch sprach zu den Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg.
600 Mitarbeitende des Bayerischen Rundfunks streiken – weitreichende Programmausfälle
Die Kolleginnen und Kollegen beim Bayerischen Rundfunk haben genug vom Taktieren der Geschäftsführung in der aktuellen Tarifrunde. Ihren Frust artikulierten sie gestern lautstark mit Trillerpfeifen und Gesang.
Ab 4 Uhr morgens hatte der BJV gemeinsam mit ver.di und unisono (vormals DOV) zum Warnstreik aufgerufen. Insgesamt rund 600 BR-Mitarbeitende folgten diesem Aufruf. Auch in vielen anderen Häusern der ARD und beim Deutschlandfunk wurde gestern bundesweit gestreikt. Die Folgen für das Programm waren weitreichend. Insbesondere die Radiosender des Bayerischen Rundfunks waren betroffen.
Die Streikenden bewiesen der BR-Leitung, was eigentlich keiner Erklärung bedürfen sollte: Nachrichten gibt es nur deshalb, weil viele Journalistinnen und Journalisten arbeiten und diese produzieren. Ausgerechnet das Nachrichten-Programm beim Prestige-Nachrichtensender BR24 Radio fiel streikbedingt aus und musste durch die Übernahme des Programms von Bayern 1 ersetzt werden. Auch auf den anderen Wellen und im Fernsehen kam es zu empfindlichen Einschnitten. So musste unter anderem die Heimat-Sendung Wir in Bayern auf eine Wiederholung zurückgreifen. Auch die wichtigen Nachrichten um 18:30 Uhr im Fernsehen waren sichtlich vom Streik betroffen. Und schließlich waren auch die digitalen Angebote stark eingeschränkt und auch der gute, alte Teletext wurde im Laufe des Abends nicht mehr aktualisiert.
Rege Beteiligung bei den Kundgebungen in Nürnberg und München
Zu den Streikkundgebungen trafen sich zunächst um 10 Uhr in Nürnberg die Kolleginnen und Kollegen vor dem Studio Franken. Auch Regenwetter hielt sie nicht davon ab, ihre Anliegen auf die Straße zu tragen. Der BJV-Vorsitzende Michael Busch, selbst kein BR-Mitarbeiter, besuchte die Streikenden und suchte das Gespräch mit ihnen. Dabei wurde klar, dass sich viele mit ihren Sorgen vom BR nicht ernst genug genommen fühlen. In seiner Rede erinnerte Busch die BR-Leitung daran, dass es vor allem der Qualitätsjournalismus unserer Kolleginnen und Kollegen ist, der das Vertrauen des überwiegenden Teils der Bevölkerung genießt, trotz aller Skandale in den Chefetagen. Dieser Dienst an der Öffentlichkeit muss angemessen honoriert werden.
Eine Stunde später demonstrierten, ohne Nässe von oben, die Kolleginnen und Kollegen vor dem Funkhaus in München ihre Solidarität. Vor einem gut gefüllten Rundfunkplatz erläuterte zunächst der Ver.di-Vorsitzende Werner Przemeck die Probleme mit dem aktuellen Tarifangebot des BR. Dann trat BJV-Geschäftsführer Dennis Amour ans Mikrophon. „Ich vermisse in den Tarifverhandlungen die grundsätzliche Wertschätzung des Bayerischen Rundfunks für die Journalistinnen und Journalisten“, erklärte Amour, der Teil der BJV-Verhandlungsdelegation ist. Zu den aktuellen Diskussionen um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk merkte er an, dass es dabei nicht um diejenigen geht, „die tagtäglich bei den Menschen draußen sind, die sich mit diesem BR identifizieren und ihn verteidigen und ihn zu dem machen, was er ist“, sondern um die Führungsebene.
Was sein muss, muss sein
Für moralische und musikalische Unterstützung sorgte diesmal eine Streikband. Die hatte bekannte Songs passend zum Streik umgedichtet. Aus Janis Jopins „Mercedes Benz“ wurde der „Dienstwagenblues“ und zur Melodie des Mackie-Messer-Songs sangen sie „Und die Neuen sollen schuften / für viel weniger als jetzt / dafür solln sie alles geben / nach sechs Jahrn werden’s ersetzt“. Aus Queens „We will rock you“ machte die Band „Wenn‘s sei muaß, dann streik‘ ma“.
Und der heutige Streik musste sein, das war allen Anwesenden nicht zuletzt durch das wenig wertschätzende Gebaren der BR-Leitung in dieser Tarifrunde klar geworden. Am offenen Mikrophon berichteten die Kolleginnen und Kollegen von ihren persönlichen Eindrücken, dass es der BR-Führung bisweilen an Anerkennung für ihre Arbeit mangelt. Diesen Austausch setzten sie am Nachmittag bei der digitalen Streikveranstaltung fort.
Ob noch weitere Streiks sein müssen, hat die BR-Führung nun selbst in der Hand. Schon in der nächsten Verhandlungsrunde am 25. November hat der BR die Gelegenheit, ein deutlich verbessertes Angebot vorzulegen und zu einem respektvolleren Ton zu finden, der einen Austausch auf Augenhöhe möglich macht.
Benedikt Frank
Der BJV hat folgende Tarifforderung aufgestellt:
Festangestellte:
- Erhöhung der Gehälter in einem Gesamtvolumen von 6 % bei einer Laufzeit von 12 Monaten.
12a Freie:
- Erhöhung der effektiv gezahlten Honorare, Lizenzen, Gagen sowie Vertragspauschalen um 6 % und eine ebensolche Erhöhung der Mindest- und Höchsthonorare des Honorar-rahmens bei einer Laufzeit von 12 Monaten; entsprechende Erhöhung der Cluster.
- Verbesserung der Fortbildungsmöglichkeiten für Freie Mitarbeiter und Erhöhung der Fortbildungsvergütung.
- Angleichung der Tageshonorare der festen Freien an die Tagessätze der vergleichbaren Festangestellten.
Volontär*innen:
- Erhöhung der Vergütung um 6 %, mindestens aber 100 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten
BJV auf Twitter: Ausschnitt aus der Rede von Dennis Amour
DJV-Blog: Streik im Rundfunk - Bewegung gefragt
BR Fernsehen: Warnstreiks beim BR