Zurück in die Zukunft
Screenshot der FREIStunde "Quo vadis, Freie – wo geht’s hin?"
Bericht zur FREIStunde "Quo vadis, Freie – wo geht’s hin?"
Nach acht FREIstunden über regionale Medienprojekte folgte die Nabelschau: Wie gestalten wir als BJV-Mitglieder die journalistische Zukunft? Die Zoom-Schalte der Fachgruppe Freie Ende September versammelte Kolleg:innen aus Bayern, Afrika und Südamerika. Impulse setzte der Freien-Vorstand.
Wolfgang Chr. Goede regte „disruptive Selbstverantwortung“ an. Gemeint ist, liebgewordene Routinen zu sprengen, angelehnt an Faust II: „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen; nur jener gehört dem Teufel, der geistig zum Stillstand kommt.“
An die Pionier-Presse des 19. Jahrhunderts erinnerte Martin Semmler. Mutige und risikobereite Journalisten, Drucker und Verleger setzten gegen Fürstenwillkür den Grundstein des modernen Journalismus. „Back to the roots“ – mit der heutigen Schnellpresse, Internet und WordPress, lautete sein Appell. Und weiter: „Noch nie hatten wir so viel Freiheit.“ Und so viele Chancen.
„Was bin ich?“, fragte Gesine Jordan, mit Blick auf zig Ausspielkanäle von Wort, Ton und Bild. Man müsse Journalismus heute „größer denken“. Als Selfpublisher und vor allem mit hoher medialer Flexibilität. Sie zitierte die Ex-Digital-Chefredakteurin der „Süddeutschen“ Julia Bönisch: Journalisten hätten oft große Egos und stellten eigene Gewohnheiten nicht in Frage. Eine Haltung, mit der man heute nicht mehr weit kommt.
Anne Webert, Mitglied im BJV Landes- und Bundesvorstand des DJV, rückte das „große Ganze“ in den Fokus: Gewerkschaftliche Solidarität. Sie schafft den Rahmen, auch für Freie Journalist:innen. „Journalismus ist eine der wichtigsten gesellschaftlichen Errungenschaften und Gemeingut“, sagte Webert und warb für einen gemeinnützigen, öffentlich geförderten Journalismus.
In der Debatte hierüber vermisste Tobias Weidemann seit 20 Jahren in Aussicht gestellte Erlösmodelle: „Freie krebsen in der unteren Einkommens-Range.“ Bente Matthes, Medienunternehmerin und BJV-Dozentin, setzt auf kostenpflichtige Newsletter in medialen Nischen. „Haut mit euren Fähigkeiten mehr auf die Tonne!“, ermutigt sie Freie Kolleg:innen.
Der Schlusstusch kam aus dem Kongo. Journalistisches Arbeiten dort ist herausfordernd, die berufliche Diversität aber lehrreich, berichtete Judith Raupp. Sie faszinierte mit Geschichten über Kaffeehändler, die auf Matratzenhersteller umsattelten. Coach war das Netz.
Freie im Aufbruch: Derlei Transformationen suchen journalistische Nachahmer:innen.
Wolfgang Chr. Goede