Aus Eichstätt meldete sich bei den Lokalrundfunktagen Journalistikprofessor Klaus Meier zu Wort
Foto: Screenshot Michaela Schneider

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Von lokalen Helden in der Coronakrise

Lokalrundfunktage 2020: Statt in Nürnberg traf sich die Branche heuer beim Online-Special

München, 09.07.2020

Das lokale Radio könne sich behaupten im wachsenden Wettbewerb der Audioangebote. Und doch stehe die Branche derzeit mehr denn je unter Druck, einige Fernsehsender und Radiostationen kämpften ums Überleben: Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) nahm bei der Eröffnung der diesjährigen Lokalrundfunktage kein Blatt vor den Mund.

Erstmals traf man sich heuer nicht in Nürnberg, sondern einen Nachmittag lang digital. Gestreamt wurde live aus München – teils mit Studiogästen, teils mit Zuschaltungen von Duisburg bis Vorarlberg.

Information kam dabei jede Menge rum, was auf der Strecke blieb, waren Gespräche, Austausch und Netzwerken während der Kaffeepausen und beim gemeinsamen Feiern. Das Online-Special stand unter dem Motto „Die Local Heroes in der Corona-Krise“.

Corona-Hilfspakete für den Rundfunk
Wie diesen finanziell unter die Arme gegriffen wird, skizzierte Schneider: Er verwies aufs Corona-Hilfspaket für den lokalen Rundfunk der bayerischen Staatsregierung in Höhe von einer Million Euro. Zudem hat die BLM ihren Förderanteil an der Funkanalyse Bayern Hörfunk um 225.000 Euro erhöht und investiert damit 2020 insgesamt 450.000 Euro in das Forschungsprojekt.

Mit weiteren Geldern ist zu rechnen, denn vom Bund soll es weitere 20 Millionen Euro für den Rundfunk geben. Das Paket ist aber noch nicht final beschlossen, derzeit ringe man um Details, informierte Schneider.

Als „eine der schönsten Veranstaltungen des Jahres“ bezeichnete Ministerpräsident Markus Söder im Grußwort die Lokalrundfunktage und betonte: „Bayerns Staatsregierung steht an Ihrer Seite. Wir wollen den Lokalrundfunk unbedingt weiterhin erhalten.“

Mit Skype-Interviews „aufgepeppt“
Dass die vergangenen Monate alles andere als einfach zu bewältigen waren, wurde in der Talkrunde „Mehr Hörer und Zuschauer, mehr Service, weniger Umsatz“ deutlich, an der sich auch Horst Rettig beteiligte. Erst im Mai 2019 war die tv.ingolstadt GmbH & Co. KG gegründet worden als Tochterunternehmen der Regionalfernsehen Bayern Verwaltungs GmbH. Diese hält – ebenfalls zu 100 Prozent – die Rechte an der münchen.tv GmbH & Co. KG. Horst Rettig ist Geschäftsführer beider Gesellschaften.

Bei seinen Sendern reagierte man rasch: Relativ schnell sei man darauf gekommen, dass man sehr viel Content bereits habe. Dieser sei während des Lockdowns und entsprechend eingeschränkten Produktionsmöglichkeiten mit Skype-Interviews „aufgepeppt“ worden: Die Protagonisten der Heimatserie wurden zugeschaltet und gefragt, wie es ihnen inzwischen gehe.

Mut und Zuversicht statt Bildern der Angst
Aus Eichstätt meldete sich Journalistikprofessor Klaus Meier zu Wort, sprach über die Bedeutung des lokalen Rundfunks – und sparte dabei nicht mit Lob: Während die Überregionalen – durchaus gerechtfertigt – Bilder der Angst geliefert hätten, hätten lokale Medien Mut und Zuversicht entgegen gesetzt. Es sei vielfältig berichtet worden, viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen seien zu Wort gekommen. Als Beispiel nannte Meier unter anderem die Reportage „Auf Abstand“ (online bei Youtube, 28:07 Min.) des in Nürnberg ansässigen Frankenfernsehens.

Sein Fazit: „Wir werden weiterkommen, wenn wir Bürger*innen als Partner sehen; wenn wir Umsicht und Achtsamkeit gelten lassen statt Angst; und wenn lokale Medien sich auch mittel- bis langfristig durch vielfältige, verlässliche Informationen auszeichnen, aber auch konstruktiver Unterhaltung und Künstlern aus der Region eine Chance bieten. Und wenn wir konstruktiv verschiedene Initiativen solidarisch unterstützen und vernetzen.“

Homestudio geht – unter bestimmten Voraussetzungen
Wie sich der Arbeitsalltag zum Pandemiebeginn von einem Tag auf den anderen für Radio- und Fernsehmacher*innen veränderte, diskutierte Moderatorin Marion Schieder mit Andreas Hinsberger von Antenne Vorarlberg und Katharina Strodtkötter von Top FM.

Für Strodtkötter ist Homestudio dabei nicht neu: Zusammen mit ihrem Mann Markus Pürzer moderiert sie die Morgenshow „Die Pürzers am Morgen“ seit eineinhalb Jahren von zuhause aus. Das ermöglichte es den Beiden seinerzeit, auch nach der Geburt von Söhnchen Ben weiterzuarbeiten.

Ein Homestudio kann funktionieren, allerdings braucht es dafür laut Strodtkötter bestimmte Voraussetzungen: die Technik, das eigene Arbeitszimmer, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Arbeitnehmer*innen. Der „Radiospirit“ sei anders ohne On-Air-Leuchten und Co., aber man wisse ja trotzdem, dass man in wenigen Sekunden auf Sendung gehe und live zu seinen Hörern spreche.

2,9 Millionen Hörer*innen von Montag bis Freitag
Oliver Ecke vom Marktforschungsunternehmen Kantar präsentierte wie jedes Jahr die Ergebnisse der Funkanalyse Bayern 2020. Demnach erreichen Lokalradios von Montag bis Freitag im Schnitt mehr als 2,9 Millionen Menschen ab 14 Jahren mit praktisch stabiler Tagesreichweite.

Obwohl die Nutzung von Streamingdiensten steigt, konnten die lokalen Sender die Hördauer von 42 Minuten im Vorjahr heuer auf 45 Minuten steigern. Marktanteil: 18,5 Prozent (2019: 17,6 Prozent).

Voting zum Publikumspreis angelaufen
Anders als in früheren Jahren wurden bei den diesjährigen Lokalrundfunktagen nur die Nominierungen zum BLM-Hörfunk- und Lokalfernsehpreis bekannt gegeben, die Preisverleihung soll dann bei den Münchner Medientagen Ende Oktober stattfinden.

Neu in diesem Jahr: Erstmals gibt es in den Sparten Radio und TV jeweils auch einen Publikumspreis. Wer mit abstimmen will, findet die Beiträge auf der Website der BLM.

Um einzelne erfolgreiche Projekte, die in der Zeit des Lockdowns beim lokalen Rundfunk entstanden sind und beim Online-Special der Lokalrundfunktage zur Sprache kamen, wird es im kommenden BJVreport 04/2020 gehen. Dieser erscheint Mitte August.

Michaela Schneider

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