Der Roboterjournalismus – also die automatisierte Produktion von Texten – findet immer mehr Beachtung. Das Thema hatte der BJV bereits im Herbst 2016 aufgegriffen. Damals diskutierten Wissenschaftler und Journalisten darüber „Was ‚Kollege Roboter‘ alles kann“. Im Januar 2018 folgte eine Gesprächsrunde mit dem Technologie-Philosophen Sharad Gandhi: „Künstliche Intelligenz ist wie ein Marathonlauf“.

In der dritten Veranstaltung zum Roboterjournalismus der Fachgruppe Online stand erstmals eine praktische Anwendung im Mittelpunkt. Genau elf Kolleg*innen präsentierte das Münchner Start-up ReportExpress seine Spielberichts-App. Das Versprechen: Mithilfe der App wird jeder Nutzer „in Minutenschnelle zum professionellen Sportreporter und kann per Knopfdruck hochwertige, fehlerfreie Spielberichte in sportjournalistischer Fachsprache erstellen.“

Riesiger Bedarf an Spielberichten im Amateurfußball
Kann das denn wirklich funktionieren? Die Idee für eine Anwendung, die Texte auf Basis von Daten generieren kann, kam Rafael Hoyos Kleemann und Gabriel Brass angesichts der 1,6 Millionen Fußballspiele, die pro Spielzeit in Deutschland stattfinden: Von den Bambinis unter sieben Jahren bis zu den Senioren.

Was fehlt seien ausreichend strukturierte Daten um Spielberichte zu erstellen. Einen großen Bedarf hierfür sieht der Informatiker Kleemann insbesondere bei Amateurvereinen, denen bisher die Mittel dazu fehlten, aber auch bei Fans, Bloggern, sowie regionalen Medien und Sportportalen.

Texterstellung auf Basis von Künstlicher Intelligenz
Die beiden Gründer von ReportExpress wussten, dass sich Sport besonders gut für Roboterjournalismus eignet, da hier große Mengen von Daten anfallen. Ende 2015 begannen sie mit der Entwicklung einer auf Künstlicher Intelligenz basierenden App. Nach rund 4000 Programmierstunden ist seit Anfang 2018 die ReportExpress-App für Smartphones mit iOS- oder Android-Betriebssystem in einer Basisversion kostenfrei verfügbar.

Die App basiert zwar auf Künstlicher Intelligenz, wie Kleemann betont, aber es handelt sich dabei nicht um eine lernende KI, wie sie in vielfach zum Einsatz kommt, sondern um eine „einfache KI, die logische Strukturen verwendet“. Nach seinen Erkenntnissen ermöglicht die Kombination von Mensch und Maschine bessere Ergebnisse.

Wenn der Roboterjournalismus an seine Grenzen stößt
Um einen Spielbericht zu generieren, gibt der Nutzer wichtige Ereignisse ein, also beispielsweise einen Torschuss, den Torschützen, die Spielminute, den Assist-Geber sowie weitere Details. Je mehr Daten eingegeben werden, desto detaillierter wird auch der Spielbericht. Am Ende soll dann ein grammatisch fehlerfreier Text herauskommen. Der fertige Spielbericht kann beispielsweise per E-Mail, WhatsApp verschickt oder auf einem Social-Media-Portal veröffentlicht werden. Die Gefahr, dass Leser die Berichte als automatisch erzeugte Texte erkennen, sieht Kleemann jedoch nicht.

Auf die Frage des Fachgruppen-Vorsitzenden Thomas Mrazek, ob mit Roboterjournalismus erstellte Inhalte gekennzeichnet werden sollten, wie es etwa der DJV fordert, antwortet er: „Wir glauben, dass eine solche Kennzeichnung für den Nutzer nicht relevant ist, aber wir hätten auch kein Problem damit.“

Professionelle Anwender im Visier
Wie sieht nun das Geschäftsmodell von ReportExpress aus? Die Firma wird seit 2017 durch die beiden Gründer finanziert und hat inzwischen zwei weitere Mitarbeiter. Umsatz will das Start-up zum einen durch In-App-Erweiterungen erzielen, also zusätzlichen Funktionen, die der Nutzer gegen eine geringe Gebühr in der App freischalten kann.

Darüber hinaus sind Kooperationen mit Sport-Medien sowie den Fußball-Verbänden, die riesige Datenbestände haben, geplant. Derzeit nutzen erst 80 bis 90 aktive Nutzer das Angebot. Kleemann betont, dass man erst wenige Monate am Markt sei. Er ist optimistisch: „Nur wenige können Spielberichte schreiben, dabei steckt im Fußball ein riesiges Potenzial.“

Beispiele für mit der App erstellte Spielberichte findet man vor allem über die Facebook-Seite von ReportExpress, so etwa den Text eines Bloggers zum Zweitliga-Spiel Fortuna Düsseldorf gegen den FC St. Pauli.

Stefan Girschner