Nach der Pandemie sollten sich Redaktionen eine gewisse Flexibilität bewahren, sagte Tobias Weidemann
Foto: Screenshot Michaela Schneider

BJV-Landesvorstand

„Tür auf, Tür zu“ funktioniert auch virtuell

Arbeiten Redaktionsteams virtuell zusammen, braucht es neue Formen der Organisation und Kooperation. Darauf schaute der Bezirksverband Augsburg – Schwaben beim Themenabend.

München, 05.03.2021

Die Coronapandemie hat den Arbeitsalltag vieler Journalist*innen „zwangsdigitalisiert“. Die einen freut’s, die anderen sehnen sich zurück ins Büro. Bei allen Pros, Contras und persönlichen Vorlieben: Arbeiten Redaktionsteams virtuell zusammen, braucht es neue Formen der Organisation und Kooperation.

„In den Lockdown – aus dem Sinn?“
Weil viele dieser Aspekte im Alltagstrubel untergehen, hatte der BJV-Bezirksverband Augsburg – Schwaben zum digitalen Themenabend „In den Lockdown – aus dem Sinn?“ geladen. In einem Impulsvortrag gab „Netzjournalist“ und Bezirksvorstandsmitglied Tobias Weidemann zahlreiche praktische Tipps.

Die Bezirksvorsitzende Miriam Leunissen moderierte anschließend den angeregten Austausch der rund 20 Themenabend-Teilnehmer*innen. Themen waren u.a. Zeiterfassung, Kranksein im Homeoffice und Möglichkeiten, im Unternehmen sichtbar zu bleiben.

Einige dieser Aspekte dürften auch bei den nächsten BJV-Impulsabenden zu Homeoffice und mobilem Arbeiten eine Rolle spielen. Kommenden Mittwoch wird es als nächstes um die körperliche und psychische Gesundheit gehen: „Fit und gelassen im Homeoffice“.

Weidemann arbeitet seit inzwischen vier Jahren als freiberuflicher Journalist sowie Kommunikations- und Digitalberater. Sein Schwerpunkt liegt auf IT- und Digitalthemen mit technischem und wirtschaftlichem Hintergrund. Zuvor hatte er unter anderem als Referent der Pressestelle eines Industrieverbandes, als Redakteur in IT-Medien und in Fachmedien der Digitalwirtschaft sowie als Chefredakteur für eine B2B-Marke gearbeitet.

Teams kooperativ führen
Von mancher Führungskraft hört der Digitalberater derzeit, dass sie gar nicht mehr wisse, wie gut der einzelne arbeite. Was er beobachtet: Digitales arbeiten funktioniere besser, wenn Teams kooperativ geführt würden und nicht von oben herab delegiert werde.

Tools: „Nicht mehr als nötig und möglichst einfach halten“
Wichtig sei die Wahl der richtigen Tools – „nicht mehr als nötig und möglichst einfach gehalten“, auch, um Arbeitsdoppelungen zu vermeiden. Vernünftig sei es, Tools individuell an Redaktionsbedürfnisse anzupassen von jemandem, „der sich damit auskennt“, sprich jemand Internem.

In Konferenzen alle Kolleg*innen einbinden
Wenn sich dezentrale Strukturen verselbstständigten, diskutiere man nicht mehr oder weniger, sondern anders, sagte Weidemann auch. Damit einhergehen kann, dass sich stillere Kolleg*innen virtuell mehr beteiligen, oder – umgekehrt – Kolleg*innen stiller werden. Um alle im Team einzubinden, bieten sich etwa kurze Runden in der Konferenz an, in denen jeder Kollege und jede Kollegin in 30 Sekunden berichtet, woran er oder sie gerade arbeitet.

Keine Angst vor Eigen-PR
Auch Eigen-PR schadet nicht: Über Kommunikationstools wie Slack können Mitarbeiter*innen recht einfach an der eigene Sichtbarkeit arbeiten und kurz erzählen, was sie gerade machen.

Noch mehr Achtsamkeit gegenüber Kolleg*innen
Zudem mahnte der Berater in Coronazeiten zu erhöhter Achtsamkeit und gegebenenfalls Unterstützung, sollten Kolleg*innen Probleme mit der Pandemie haben, ob psychisch oder etwa auch mit der Wohnsituation.

Virtueller Kaffeeraum für den „Plausch zwischendurch
Damit der soziale Part und der „Plausch zwischendurch“ nicht auf der Strecke bleiben, können Unternehmen Möglichkeiten wie einen ständigen virtuellen Kaffeeraum anbieten.

Meetings: Fokussieren auf die Tagesordnung
„Kein Meeting ohne entsprechende Tagesordnung“, empfahl Weidemann des Weiteren, sonst verwandelten sich virtuelle Konferenzen schnell in einen „Laberverein“. Themen sollten fokussiert besprochen werden.

Erreichbarkeit: Den jeweiligen Arbeitsmodus mitteilen
Konzentriertes Arbeiten wird auch dann im Homeoffice zum Problem, wenn ständig neue Nachrichten aufploppen und das Telefon dauerklingelt. Bei Tools wie der Kommunikationssoftware Slack lässt sich deshalb einstellen, in welchem Arbeitsmodus man sich gerade befindet. „Tür auf, Tür zu wie im Büro geht auch mit Tools“, sagte der Augsburger.

Klare Übereinkünfte zu Arbeitszeiten
Und: Klare Übereinkünfte sollten zu Redaktionszeiten getroffen werden, als Führungskraft möglichst im gemeinsamen Gespräch mit den Mitarbeiter*innen. Die Sorge, dass daheim weniger gearbeitet werde, hält Weidemann für meist unbegründet: „Die Befürchtung in Teams sollte eher eine zu große Verdichtung sein und dass sich die Leute selbst ausbeuten.“ Um – auch für sich selbst – Arbeitszeiten zu dokumentieren, bieten sich Apps wie zum Beispiel Clockify an.

Freie Journalist*innen in Tools einbinden
Für die Zusammenarbeit mit freien Journalist*innen empfahl der Digitalexperte: „Bindet Sie in die Tools ein.“ Davon profitieren am Ende beide Seiten: Die Freien bleiben auf dem Laufenden, das macht unterm Strich weniger Einzelabsprachen notwendig. Freien Kolleg*innen empfiehlt Weidemann zudem, sich zusätzlich selbst zu organisieren und mit anderen Selbstständigen auszutauschen, die für ähnliche Redaktionen arbeiten.

Freie sind keine Bittsteller
Verlagen gegenüber sollten sich Freie keinesfalls als Bittsteller betrachten. Und falls die Auftragslage oder Situation derzeit eine andere sei, könnten sie überlegen, „ob man nicht mal andere Dinge wie einen zum Beispiel einen Podcast“ ausprobieren wolle. 

Homeoffice: Nicht Pflicht, sondern Möglichkeit
Die einen „performten“ besser im Homeoffice, die anderen arbeiten dort derzeit nur aus der Not heraus: Mit Blick auf die Diversität in Teams appellierte Weidemann zudem, dass das Arbeiten im Homeoffice in Zukunft nicht zur Pflicht werden, sondern eine Möglichkeit sein sollte. Nach der Pandemie sollten sich Redaktionen eine gewisse Flexibilität bewahren. Denn dass das agile Arbeiten gut in Redaktionen funktioniere, habe sich in den vergangenen Monaten gezeigt.

Michaela Schneider

Weitere Themenabende zum Thema Homeoffice

  • Dienstag, 2. März
    Diskussionsrunde Homeoffice – Paradies oder Hölle?
    Referent*innen: Michael Busch, Vorsitzender Bayerischer Journalisten-Verband, Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, Wissenschaftliche Direktorin des WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Andrea Kümpfbeck, stellvertretende Chefredakteurin Augsburger Allgemeine, Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag
    Bericht von Michaela Schneider: Arbeiten im Homeoffice: Weder Paradies noch Hölle
  • Mittwoch, 10. März
    Fit und gelassen im Homeoffice

    Referentin: Dr. Christiane Stempel, Psychologin und Dozentin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der FernUniversität Hagen
    Bericht von Michaela Schneider: „Das Gefühl fehlt, ob man in der Norm ist“
  • Donnerstag, 11. März
    Das FREIE am „Freien“ – Wirtschaftlichkeit und strukturelles Arbeiten
    Referentin: Anne Webert, Kamerafrau, Fotografin und Vorsitzende des DJV-Fachausschusses Freie,
    Bericht von Michaela Schneider: Ein Gute-Laune-Vorrat im Arbeitsalltag
  • Montag, 15. März
    Mobiles Arbeiten, Technik und Betriebsvereinbarung. Wie sieht der Alltag aus?
    Referenten:
    Dirk Ceelen, Redakteur Main-Echo, Aschaffenburg
    Stefan Gregor, Fotograf, Main-Echo, Aschaffenburg
    Alois Knoller, Redakteur und Betriebsrat, Augsburger Allgemeine
    Josef Schäfer, Redakteur und Betriebsrat, Main-Post, Würzburg, Vorsitzender der Fachgruppe Betriebs- und Personalräte
    Bericht von Michaela Schneider: „Mit weitem Blick auf die Zukunft“

Zu dieser DJV-Veranstaltung können sich alle BJV-/DJV-Mitglieder anmelden über die DJV-Website:

Das Titelthema unseres BJVreport 1/2021 beschäftigt sich auch mit verschiedenen Aspekten des Homeoffice.

Schlagworte:

Homeoffice

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