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Porträtbild von Felicitas von Aretin
Autorin Felicitas von Aretin präsentierte einige Beispiele aus ihrem Werk über ungewöhnliche Unternehmerinnen
Foto: 
Screenshot Michaela Schneider

Fachgruppe Chancengleichheit

Vom Eigensinn, auch schwierige Phasen zu überstehen

FG Chancengleichheit: Beim Vortrag „Starke Frauen“ zum Weltfrauentag stellte Autorin Felicitas von Aretin „Ungewöhnliche Unternehmerinnen und das Geheimnis ihres Erfolges“ vor

München, 09.03.2021

„Nicht aufgeben und sich immer wieder neu erfinden“: Diesen Rat gab die Autorin Felicitas von Aretin zahlreichen Journalistinnen mit auf den Weg, die sich zum Online-Vortrag „Starke Frauen“ zugeschaltet hatten. Für ihr jüngstes Buch „Ungewöhnliche Unternehmerinnen und das Geheimnis ihres Erfolges“, hatte die Münchnerin zwanzig Geschäftsfrauen aus dem Genussbereich porträtiert.

Zum Vortrag eingeladen hatte die Fachgruppe Chancengleichheit ein rein weibliches Publikum, Anlass war der Internationale Frauentag. „Wir wollen Männer nicht ausschließen, sondern Freiraum für uns Frauen haben“, erklärte die Fachgruppen-Vorsitzende Daniela Wartelsteiner zur Begrüßung.

Erst Redakteurin, dann Kommunikationschefin – und heute frei
Sich selbst bezeichnet von Aretin als bekennende Hedonistin. Sie habe zwei Theaterabonnements, ein Lieblingscafé und einen Lieblingsitaliener. Entspannung gelinge ihr am besten bei einem Konzert und zusammen mit lieben Menschen. Jahrelang hatte die studierte Historikerin nach ihrem Zeitungsvolontariat als Redakteurin in verschiedenen Verlagen gearbeitet. 

Später wechselte sie „die Seiten“ und arbeitete als Kommunikationschefin für die Freie Universität Berlin, die Max-Planck-Gesellschaft und das Deutsche Jugendinstituts. Parallel schrieb sie ihre ersten Bücher, so unter anderem „Die Enkel des 20. Juli 1944. Wie die deutsche Gesellschaft mit dem Attentat auf Hitler umgeht“ und „Mit Wagemut und Wissensdurst. Die ersten Frauen in Universitäten und Berufen“.

„Weil es sich stimmig anfühlte“
Dann beschloss Felicitas von Aretin ihre Festanstellung zu kündigen, um sich ganz auf jene Dinge zu konzentrieren, die ihr wichtig sind. „Mir war egal wie es ausgeht, weil es sich stimmig anfühlte“, sagt die 58-Jährige. Der Entschluss sei auch gereift in den vielen Gesprächen mit Unternehmerinnen, die sie im Zuge ihrer Recherchen traf. Und: Sie sei von Natur aus nun mal sehr neugierig und hatte ihre Probleme mit der „Inflexibilität im öffentlichen Dienst“.

Im Folgenden stellte von Aretin dem digitalen Publikum in kurzen Biografien eine Bandbreite an Unternehmerinnen aus der Vergangenheit und Gegenwart vor: Douce Steiner zum Beispiel, die einzige deutsche zwei Sterneköchin; die Wiener Geigenbauerin Julia Pasch; oder auch die Schmuckdesignerin Tamara Comolli, die nicht nur innerhalb der Familie Widerstand erfuhr, sondern auch in der internationalen „Männerdomäne“ Edelsteinbranche auf Vorbehalte stieß. Heute gilt sie als eine der angesehenen Expertinnen und leitet ein Unternehmen mit Filialen weltweit.

Unsichtbare und auch frühe Unternehmerinnen
Auch von einst unsichtbaren Unternehmerinnen wie der Metzgerinnenwitwe und späteren Senfproduzentin Luise Händlmaier erzählte von Aretin. Nach dem Tod des Mannes stand Luise mit sechs Betrieben und zwei Kindern da, verkaufte 1964 die Metzgereien und begann, nach dem leicht abgewandelten Rezept der Schwiegermutter Senf herzustellen. Heute ist Händlmaier bundesweiter Marktführer im Bereich süßer Senf und beschäftigt 75 Mitarbeiter.

Ebenso von frühen Unternehmerinnen, die sich nicht beirren ließen, berichtete die Autorin, etwa von der Kaffeehausbesitzerin Anne Demel, der Dessousfabrikantin Pauline Zimmerli oder der Hoflieferantin Theresa Randelkofer, die Dallmayr zum Feinkost-Universum ausbaute. 

„Finden wir den Mut zur Tat“
Bei allen Mutmacherinnen-Geschichten verschwieg von Aretin nicht, dass nur jede dritte Frau den Familienbetrieb fortführe und nach wie vor viel häufiger die Söhne Betriebe übernähmen. Auch vor Start-up-Gründungen schreckten viele Frauen zurück – und Studien zeigten, dass es für sie schwieriger sei, Startkapitel zu erhalten. „Gefördert werden vor allem weiße Männer“, beobachtet von Aretin. „Finden wir den Mut zur Tat“, ermutigte sie trotzdem ihr weibliches Publikum. Oder auch erst recht.

Lockdown brachte Innovationsschub, keine der Frauen gab auf
Als von Aretin im Frühjahr 2020 ihr Buch geschrieben hatte, kam Corona. Und im Verlag kamen Zweifel auf, ob dies der richtige Zeitpunkt für eine Veröffentlichung sei – schließlich wisse man nicht, welche Unternehmen die Corona-Krise am Ende überhaupt überlebten.

Von Aretin beschloss, noch einmal mit allen Frauen zu sprechen mit hocherfreulichem Fazit: Keine einzige Unternehmerin hatte aufgegeben. Alle hatten versucht, Entlassungen zu vermeiden, teilweise durch Kurzarbeit. Und: Viele hatten den Lockdown für einen Innovationsschub oder auch kreative neue Ideen genutzt. Die Gewürzhändlerin Viola Fuchs etwa hatte kurzerhand eine neue Gewürzmischung entwickelt namens „Mut kann man kaufen“.

Kreativität, Durchhaltevermögen, gute Laune
Alle Unternehmerinnen hätten durch die Krise Einbußen erlebt, ließen sich aber nicht unterkriegen“, erzählte von Aretin nach ihrem Online-Vortrag im Gespräch mit Daniela Wartelsteiner. „Wie humorvoll und innovativ alle mit der Krise umgegangen sind, finde ich großartig“, sagte sie wörtlich, hob deren Kreativität, Durchhaltevermögen und gute Laune hervor und legte angehenden Unternehmerinnen nahe „den Eigensinn zu haben, schwierige Phasen zu überstehen.“

Neues Gesprächsformat entwickelt
Sie selbst geht dabei mit guten Beispiel voran: Weil die Buchhandlungen im Lockdown bislang geschlossen und keine Lesungen vor Ort möglich waren, organisierte Felicitas von Aretin zunächst virtuelle Lesungen mit großer Resonanz. Daraus entwickelte sie die Idee zu einem neuen Format bei welchem sie sich ab April regelmäßig mit Unternehmerinnen zu Talks treffen möchte – zunächst weiter virtuell, später vielleicht auch an außergewöhnlichen Orten.

„Sucht Euch den richtigen Mann aus“
Und noch ein anderes hatte Felicitas von Aretin schon zuvor während ihrer Recherchen beobachtet: Bei fast allen erfolgreichen Unternehmerinnen habe immer auch ein Mann eine ganz wichtige Rolle gespielt, der die Frau bei der Umsetzung ihrer Ideen unterstützte. Und so stimmte die Autorin zum Internationalen Frauentag bewusst auch „Ein Loblied auf dem Mann“ an. Auf Wartelsteiners Frage nach einem „einladenden Rat an uns Frauen“ antwortete sie: „Sucht Euch den richtigen Mann aus.“

Michaela Schneider

Weitere Informationen

  • Das nächste digitale Netzwerktreffen der Fachgruppe Chancengleichheit wird am Dienstag, 23. März stattfinden, unter dem Motto „Auf ein Glas Wein oder Wasser!“ soll dann der Austausch im Vordergrund stehen (eine Einladung folgt noch).

  • Übrigens: Im kommenden BJVreport wird es um weitere Kolleg*innen gehen, die sich wie Felicitas von Aretin bewusst für den Schritt in die Freiberuflichkeit entschieden haben. Das Heft erscheint Mitte April.

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