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Mentees, Mentoren und Orga-Team waren beim Abschluss der sechsten Runde des BJV-Mentorings offensichtlich in bester Feierlaune
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Michael Anger

BJV-Mentoring

Der Wechsel ins Glück

Sechste Runde des BJV-Mentorings zieht positive Abschlussbilanz

München, 24.10.2014

„Warum kriegen Männer als Dank für ihr Engagement eigentlich immer einen edlen Wein und Frauen einen großen Blumenstrauß?“ Allein diese Frage beim Abschlussabend zeigt, wie gut sich Sybille Giel, Leiterin des Familienfunks beim Bayerischen Rundfunk als Mentorin eignet. Denn auch darum geht es im Mentoringprogramm des BJV: die richtigen Fragen zu stellen, neue Perspektiven zu eröffnen, sein eigenes Verhalten gespiegelt zu bekommen.

Ein Jahr lang haben sich acht Tandems aus sehr erfahrenen Kollegen und engagierten Nachwuchsjournalisten über die verschiedensten Aspekte des Berufslebens ausgetauscht. Jetzt zogen sie beim Abschlussessen im Münchener Ratskeller Bilanz. Und die fällt durchweg positiv aus.

Stellen- und Medienwechsel
„Sie ist ein Glück für uns und bringt jede Menge Themen ein“, freute sich Ursula Kals von der FAZ über ihre neue Redaktionskollegin Eva Heidenfelder. Letztere war zu Beginn des Mentorings noch feste Freie bei der „Münchner Runde“ des BR und ihre Mentorin ursprünglich Marie von Mallinckrodt vom „Report“-Team des BR. Doch dann gab es bei diesem Tandem gleich einen doppelten Wechsel: Mallinckrodt wechselte ins ARD-Hauptstadtstudio und Heidenfelder nach Frankfurt zur FAZ. Dort fand sie mit Ursula Kals auch gleich eine neue Mentorin. „Vielleicht wollte ich bei meiner Stelle beim BR zu vieles zu schnell erreichen“, sagt Eva heute.

Der Medienwechsel war für sie wohl genau die richtige Entscheidung. In der FAZ-Redaktion freut man sich, nun eine crossmedial fitte Kollegin zu haben, und die revanchiert sich mit jeder Menge Ideen. Von Mentee und Mentorin war an diesem Abend im Gleichklang der Begriff „glücklich“ zu hören.

Innenansicht zeigen
Aber wie hilft man einem Mentee beim Abwägen der Vor- und Nachteile eines Wechsels? Die Antwort des krautreporter-Chefredakteurs Alexander von Streit: „Ich habe versucht, Markus eine Innenansicht von mir zu geben.“ Markus Böhm, sein Mentee, war da freier Journalist und mit seinem kioskforscher, einem Blog über Zeitschriften so erfolgreich, dass er dafür einen bronzenen Lead Award erhielt. Im März ging Böhm zu Spiegel Online, als Redakteur im Ressort Netzwelt. Viel hat er darüber mit seinem Mentor diskutiert und sich gewundert, dass „ein Chefredakteur überhaupt nicht weit weg ist von der Welt“.

Der wiederum fand das Mentoring spannend, weil er selbst einen Wechsel vollzog: vom Technologie-Magazin Wired zum crowdfinanzierten Online-Magazin krautreporter. Über seinen Wert als Mentor stapelt er tief: Markus habe eine Superentwicklung hinter sich und hätte sicherlich auch ohne ihn alles richtig gemacht. Glücklich mit dem jeweiligen Wechsel wirken beide.

Radio und Print bedienen
Das Medium gewechselt hat auch Bernd Schlupeck. Er kündigte beim Recycling Magazin, weil er „in Richtung Radio wollte“. Dabei geholfen hat ihm als Mentorin Susanne Schmidt, langjährige Wirtschaftsredakteurin beim Bayerischen Rundfunk. Mit ihr hat der Mentee viele Themen durchdiskutiert, „sehr erfolgreich“. Jetzt bedient er als Freier den Hörfunk: „Forschung aktuell“ beim Deutschlandfunk. Ganz von Print weg will er aber auch nicht. Natürlich hat man über Probleme gesprochen, wenn Redaktionen das nicht so gern sehen, dass man in einem anderen Medienbereich tätig ist. Aber Susanne Schmidt meint augenzwinkernd: „Abraten ist sinnlos, wenn einer begeistert ist.“

Einen Themen- und Positionswechsel innerhalb der Burda-Verlagsgruppe geschafft hat auch Kerstin Kotlar. Als Online-Redakteurin bei der AMICA wollte sie „raus aus der Lifestyle-Ecke.“ Wie man das plant, journalistische Wunschthemen entwickelt, berufliche Ziele abwägt, mit Vorgesetzten diskutiert und durchsetzt, darüber hat sie sich intensiv mit ihrem Mentor, dem erfahrenen Magazinjournalisten Christian Thiele, ausgetauscht. Erfolgreich, wie Thiele – wegen terminbedingter Abwesenheit per Videobotschaft – der Abschlussrunde berichtete. Denn jetzt ist seine Mentee Senior Editor bei NetMoms, dem „Portal für Mütter im Internet“.  

Eigene Themen setzen
Der Mentee deren bislang nicht wahrgenommenen Fähigkeiten klar zu machen, dieses Problem hatte offenbar auch die langjährige Ressortleiterin bei der Frankfurter Rundschau Katharina Sperber mit epd-Redakteurin Barbara Schneider. Ging es zu Beginn um die optimale Gestaltung der Rückkehr aus der Elternzeit, wurde später noch einiges andere ausprobiert und gestaltet.

Jedenfalls lautet das rundum positive Fazit des Frankfurter Tandems: die Aufteilung Beruf-Familie ist geregelt, Barbara ist viel forscher als früher, setzt eigene journalistische Themen und arbeitet an ihrem eigenen Blog. Nach diesem sicher nicht einfachen Jahr, in dem sie Job, Familie mit der kleinen Sophie und die Fahrten nach München zu Auswahlinterview, Auftakt, Halbzeit, drei Workshops, Mentee-Stammtisch und dem Abschluss unter einen Hut bringen musste, sagt Barbara Schneider: „Ich bin sehr froh, dass ich`s gemacht habe.“

„Ich hatte keine konkreten Fragen“, gesteht dagegen Florian Meyer-Hawranek freimütig. Die hat Mentor Sebastian Schoepp aber auch gar nicht vermisst. Deshalb kommen beide zu einem positiven Fazit ihres gemeinsamen Jahres. „Da hat sich etwas entwickelt“, stellt der Mentee fest; „ich bin auch ein gutes Stück weitergekommen“, sagt der Mentor. So verschiedene Medien Mayer-Hawranek als Fester Freier bei Quer“ im BR-Fernsehen und der SZ-Außenpolitikredakteur Schoepp auch bedienen, sie haben ein gemeinsames Interesse: Lateinamerika. Also diskutierte man alle einschlägigen Aspekte, von Billigflügen bis zum Umgang mit der kolumbianischen Polizei. Der Mentee sieht sein Ziel als erreicht: die Gewissheit, dass es sich lohnt, die Berichterstattung aus und über Lateinamerika zu verstetigen.  

Alles unter einen Hut bringen
Vor jedem Wechsel steht erst einmal das „Sich-Sortieren“. An diesem Punkt stand zu Beginn des Mentorings Mentee Astrid Halder. Die ganz einfach klingenden Fragen der Fernsehjournalistin: Was muss ich tun, was will ich tun, was sollte ich lassen? Geholfen dabei hat ihr Hörfunkkollegin Sybille Giel. Sie habe die Mentee erstmal davon überzeugen müssen, dass sie ohnehin schon einen guten Job mache und, bitteschön, nicht immer ein schlechtes Gewissen haben sollte, berichtet Giel.

Das Mentoring hat Halder geholfen, alles besser ohne permanentes Kopfzerbrechen unter einen Hut zu bringen: die vierköpfige Familie, den Hausbau und den Beruf. Dass ihr Job allerdings ein hohes Maß an Flexibilität verlangt, zeigte sich auch am Abschlussabend: Wegen einer Blitz-Recherchereise nach Berlin konnte Halder nicht in den Ratskeller kommen.

Das traf leider auch auf das Nürnberger Tandem aus SZ-Wirtschaftskorrespondent Uwe Ritzer und NZ-Redakteurin Christiane Fritz zu. Der „Reporter des Jahres 2013“ musste eine Auslands-Recherche für die Süddeutsche unerwartet verlängern, seine Mentee spät noch einen Gerichtsbericht für die Nürnberger Zeitung schreiben. Beide hätten aber von ihrem gemeinsamen Jahr in höchsten Tönen geschwärmt und wollten sich auch weiterhin treffen, berichtete Mentoring-Programmchef Wolfgang Soergel im Auftrag des Tandems der Runde.  

BJV-Vorsitzender Michael Busch freute sich über die Erfolgsgeschichten und das große Interesse am Mentoring-Programm. Er dankte dem Organisations-Team aus Barbara Deller-Leppert, Thomas Mrazek und Barbara Weidmann unter Leitung von Wolfgang Soergel für ihr großes Engagement. Soergel wiederum freute sich, dass alle Tandems die Ziellinie erreicht hätten, was bei dieser wie noch nie über ganz Deutschland verstreuten sechsten Runde – Hamburg, Berlin, Frankfurt, Nürnberg, München – keineswegs gesichert gewesen sei.

Kleiner Nachtrag: Am Ende des Abends hat Sybille Giel den guten Rotwein und nicht den Blumenstrauß als kleines Dankeschön für ihren Einsatz mit nach Hause genommen.

Nächste Mentoring-Runde 2015
Ab Dezember können sich interessierte BJV-KollegInnen für die nächste Mentoring-Runde bewerben, diese startet dann im April.

Michael Anger


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