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Diskutierten über aktuelle PR-Trends (v.l.n.r.): Lars M. Heitmüller, Stefan Gröner, Anna-Katharina Lohre und Dirk Benninghoff
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Volker Figura

Fachgruppe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

„Wer heute Content hat, veröffentlicht ihn selbst“

Die Fachgruppen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Junge Journalisten diskutieren mit Experten über PR-Trends

München, 22.03.2016

Trotz Termin am späten Freitagabend fand die Podiumsdiskussion „Trend verpennt? Unternehmenskommunikation im Zeitalter der digitalen Transformation“ großen Zulauf. Dies lag nicht zuletzt an den geladenen Experten, die eloquent und praxisnah Einblicke in Kommunikations-Trends gewährten und anschließend mit dem Publikum diskutierten: Lars M. Heitmüller, Leiter External Relations der Agentur fischerAppelt, Dr. Stefan Gröner, Studiengangsleiter Corporate Communications der Hochschule Fresenius, Anna-Katharina Lohre, Key Account Managerin d.Tales (Eck Consulting Group) und Dirk Benninghoff, seit Februar Chefredakteur bei fischerAppelt relations.

Printschmelze und Abschied vom Gatekeeper
Anhand der Corporate Communication Map stellte Lars M. Heitmüller die Trends und Veränderungen im Rahmen der Digitalisierung vor. Diese führe insbesondere zu einem „Sterben“ der klassischen Gatekeeper und einer Printschmelze im Bereich der Tageszeitungen. Bei der „digitalen Transformation“ gehe es nicht so sehr um einen technischen, sondern um einen kulturellen Wandel, erklärte Heitmüller. Nun gelte es, aus dem lange gepflegten Silo-Denken in der Unternehmenskommunikation auszubrechen und zu akzeptieren, dass „Marketing“ und „PR“ immer stärker kooperieren und voneinander lernen müssen. Jedes Unternehmen müsse für sich definieren, wie kollaborative Synergie-Effekte, beispielsweise über eine Einrichtung eines Newsrooms, gehoben werden können. So könnten Abstimmungsprozesse beschleunigt und Ressourcen bereichsübergreifend eingesetzt werden.

Es werde immer wichtiger, eine klare gemeinsame Haltung zu definieren, die Grundlage für agile, flexible und vor allem kanalübergreifende Prozesse ist. In Zukunft werde es immer weniger funktionieren, kanal- oder stakeholderzentriert zu arbeiten. Wichtig sei die Erarbeitung einer Content-Strategie, die sicherstellt, dass die Institution kontinuierlich über spannenden Gesprächsstoff verfügt, der ihre Interessen und Werte widerspiegelt und von den Rezipienten weiterverbreitet wird. Hier gehe es zunächst um die Definition eines „Relevanzraums“ zwischen dem, was die Zielgruppe wirklich interessiert und dem, was das Unternehmen relevantes beitragen kann.

Werbung braucht keine journalistischen Medien
Stefan Gröner betonte, dass immer mehr Werbetreibende ihre Medien inzwischen selbst produzieren, statt noch Anzeigen und Berichterstattung in den etablierten journalistischen Medien erreichen zu wollen. Vor zehn Jahren wäre ein neuer Haarschnitt eines Teeniestars noch eine exklusive, mehrseitige Foto-Story in Bravo gewesen, heute werde die News stattdessen kurzerhand vom Star selbst auf Twitter oder Instagram gepostet.

Sowohl Bewegtbild als auch Blogging werde immer wichtiger. Das sei insbesondere für junge Absolventen und Digital Natives eine nie dagewesene Chance beim Berufseinstieg. Ein interessanter Trend ist allerdings beim Berufswunsch zu beobachten. Inzwischen wollen 90 Prozent der Absolventen in die PR und nur zehn Prozent in den Journalismus. Früher war das Verhältnis 50:50.

Nachholbedarf beim Content Marketing
Anna-Katharina Lohre ging speziell auf das Thema Content-Marketing ein, das in Deutschland noch in den Kinderschuhen stecke. Häufig werde bei den Firmen nicht vom User aus gedacht und Inhalte produziert, die nicht zu den vorwiegend mobilen Konsumgewohnheiten passen.

Sie sprach sich für mehr Content-Qualität statt Content-Spam aus. Zudem sollten sich Unternehmen durchaus trauen, neue Wege bei der Verbreitung und Erstellung relevanter Inhalte zu gehen, etwa bei der Echtzeitkommunikation via Snapchat und anderen Tools. Wichtig sei herauszufinden, welche Plattformen tatsächlich zu ihnen passen.

Gelungenes Native Advertising
Der ehemalige Nachrichten- und Online-Journalist, Dirk Benninghoff (zuletzt CvD bei Bild.de), betonte schließlich, dass die großen Medien-Websites durchaus noch funktionieren, sich die einstigen Leitmedien angesichts der großen Konkurrenz durch Online-Medien aber mittlerweile schwer täten. Kritisch sah er die von Gröner erwähnten selbstproduzierten Medien – „Beim FCB.tv des FC Bayern würde es nicht einmal mehr die pseudokritischen Fragen wie bei Sky geben“.

Der Schritt vom Journalismus ins Content-Marketing sei kein großer mehr, da auch innerhalb der Redaktionen zunehmend Inhalte für Werbekunden produziert würden. Als plakatives Beispiel solch für „transparentes, gelungenes Native Advertising“ führte Benninghoff einen journalistisch aufbereiteten Artikel beim Jugendportal des Spiegels, Bento.de, an, der ganz unverschleiert von einem Whiskey-Hersteller gesponsert wurde und dennoch die meisten Clicks der Woche bescherte.

Was heute definitiv nicht mehr funktioniere, seien ellenlange Artikel ohne Bild. Der Trend gehe immer deutlicher in Richtung Bewegtbild. Aber gerade die jungen Zielgruppen seien zudem immer weniger bereit, sich den starren Sendezeiten des Fernsehens zu unterwerfen.

Wolf-Dieter Roth

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