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Pressefreiheit in Gefahr: BJV zeichnet investigative Beiträge aus

Rainer-Reichert-Preis zum Tag der Pressefreiheit

Der Bayerischen Journalisten-Verband (BJV) hat am 3. Mai die vier besten Arbeiten des bundesweit ausgeschriebenen „Rainer-Reichert-Preis zum Tag der Pressefreiheit“ ausgezeichnet. In der Kategorie „Audio“ siegte die Münchner Journalistin Paula Lochte mit dem für den Bayerischen Rundfunk produzierten Podcast „Paula sucht Paula“. Die Berliner taz-Reporter*innen Jean-Philipp Baeck, Christian Jakob und Luisa Kuhn gewannen mit ihrem Artikel „Kämpfer an Orbans Medienfront“ die Sparte „Text/Multimedia“. Eine Kooperation investigativer Journalist*innen von paper trail media, ZDF frontal und dem SPIEGEL siegten in der Rubrik „TV/Video“. Sie enthüllten in einer beispiellos aufwendigen Recherche den „Fall Hubert Seipel“ und wiesen nach, dass der ARD-Journalist für eine Buchveröffentlichung hohe versteckte Zahlungen eines russischen Oligarchen angenommen hatte.

Der Sonderpreis „Junger Journalismus“ ging in diesem Jahr nach Berlin und an das Team 34 der Axel-Springer-Academy of Journalism & Technology. Die 14 Journalistenschüler*innen gaben mit ihrem fünfteiligen Video-Projekt unter dem Titel „Reports of Resistance“ Aktivist*innen und Reporter*innen eine Stimme, die wegen ihres Einsatzes für Gerechtigkeit in Ländern wie dem Sudan, Belarus oder dem Iran bedroht und inhaftiert wurden.


Die Trophäen des Rainer-Reichert-Preis zum Tag der Pressefreiheit. Die Preisverleihung fand bei der BayernLB statt.

In Erinnerung an den europaweit engagierten Journalisten und Verbandskollegen Rainer Reichert aus Würzburg wurde der Preis in diesem Jahr ihm gewidmet und trägt den Titel „Rainer-Reichert-Preis zum Tag der Pressefreiheit“. Zum ersten Mal seit der ersten Ausschreibung seines „Wettbewerbs zum Tag der Pressefreiheit“ im Jahr 2015 hat der BJV nicht drei Preise über alle Kategorien ausgeschrieben, sondern die eingereichten Werke nach Mediengattungen bewertet. Ausgezeichnet werden journalistische Werke, die sich herausragend mit dem Wert der Pressefreiheit auseinandersetzen. Das Preisgeld beträgt jeweils 1000 Euro. Den Sonderpreis „Junger Journalismus“ stiftet das Versorgungswerk der Presse.

Der BJV-Vorsitzende Harald Stocker betonte nach der Jurysitzung die hohe Qualität der Wettbewerbs-Einreichungen in diesem Jahr. „Unser bundesweiter Wettbewerb setzt mit den ausgezeichneten Arbeiten ein sichtbares Zeichen für die Pressefreiheit“, sagt er. Mit dem zum neunten Mal ausgeschriebenen Preis macht der BJV darauf Aufmerksam, dass die Pressefreiheit von verschiedenen Seiten weltweit unter Druck gerät, und sensibilisiert die Gesellschaft für dieses wichtige Grundrecht.

Begründungen der Jury

Die Siegerinnen und Sieger

Paula Schlier und der Hitlerputsch 1923

Im dreiteiligen Podcast „Paula sucht Paula“ begab sich BR-radioWissen-Reporterin Paula Lochte anlässlich des 100. Jahrestages des Hitlerputsches auf die Spuren der weitgehend vergessenen Publizistin Paula Schlier. Diese hatte eine der ersten investigativen Recherchen im deutschsprachigen Raum durchgeführt, sich im Herbst 1923 beim Völkischen Beobachter eingeschleust und in der Redaktion des NSDAP-Parteiblatts den Hitlerputsch aus nächster Nähe erlebt. Für ihre kritische Haltung wurde sie von der Gestapo interniert.

Die Jury war von der innovativen Erzählstruktur und der eleganten Nutzung der Möglichkeiten des Mediums Podcast begeistert.

„Die Autorin hat das Thema aufwendig recherchiert und technisch souverän umgesetzt“

, lautet ihr Urteil.

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Die Vorsitzende des BJV-Bezirksverbands München-Oberbayern, Marlo Thompson (links), überreichte den Preis in der Kategorie "Audio" an Paula Lochte für ihren Podcast "Paula sucht Paula".

Der Preis in der Kategorie Text/Multimedia ging an Jean-Philipp Baeck (r.), Christian Jakob (l.) und Luisa Kuhn von der taz. BJV-Vorstandsmitglied Jürgen Schleifer (mitte) übergab den Preis.

Ungarische Medien arbeiten Hand in Hand mit der Fidesz-Regierung

Eine österreichische Journalistin wird fünf Abende in Folge in Ungarns TV-Nachrichten mit ihrem Gesicht und voller Namensnennung attackiert, ohne dass sie vorgewarnt wird oder die Möglichkeit zu einer Stellungnahme bekommt. Diesem Fall ist ein Autorenteam der taz in einer mehrmonatigen Recherche nachgegangen, hat mit Ex-Mitarbeitern des staatlichen Mediensystems in Ungarn gesprochen und interne Dokumente eingesehen. Die Recherche der Berliner Reporter*innen Jean-Philipp Baeck, Christian Jakob und Luisa Kuhn zeigt, wie sich ein Konglomerat aus privaten und staatlichen Medien gebildet hat, für das es selbstverständlich geworden ist, mit der Fidesz-Regierung Hand in Hand zu arbeiten.

„Ein emotional und inhaltlich starker Artikel, der unter die Haut geht. Er schildert einen Tabubruch. Journalisten verraten das, was sie eigentlich schützen soll. Die Pressefreiheit. Ein facettenreicher, aufwendig recherchierter Beitrag, stark auch auf der Metaebene“

, urteilte die Jury.  

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Moskaus Lohnschreiber: Der Fall Hubert Seipel

Das Münchner Rechercheteam paper trail media, ZDF frontal und DER SPIEGEL haben im Zuge der weltweiten Cyprus-Confidential-Recherchen aufgedeckt, wie der Putin-Experte, Grimme-Preisträger und Gewinner der Deutschen Fernsehpreises, ARD-Journalist und Buchautor Hubert Seipel, Hundertausende Euro von einem Putin-nahen Oligarchen erhalten hat. Nach ihren Recherchen hat „Moskaus Lohnschreiber“ hohe Zahlungen eines russischen Oligarchen für ein Buchprojekt angenommen vor der Öffentlichkeit sowie seinen Auftraggebern in Deutschland verschwiegen. Bisher gab es viele Gerüchte von solchen Fällen, das Rechercheteam konnte im Herbst 2023 erstmals einen derart prominenten Fall aufdecken.

„Ein superspannender und sehr aufwendig recherchierter Film, der einem den Atem nimmt. Da weist eine Kooperation von investigativ tätigen Journalistinnen und Journalisten einem angesehenen Kollegen und Grimme-Preisträger nach, dass er sich als Moskaus Lohnschreiber hat kaufen lassen. Eine in der Tat preiswürdige Recherche“

, lautet die Begründung der Jury.

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Der Preis in der Kategorie "TV/Video" ging an eine Kooperation investigativer Journalist*innen von paper trail media, ZDF frontal und dem SPIEGEL. Der BJV-Vorsitzende Harald Stocker überreichte den Preis.

Den Sonderpreis "Junger Journalismus" übergab Oliver Huber (l.) vom Presseversorgungswerk an das Team 34 der Axel Springer Academy of Journalism & Technology.

Terror gegen Journalist*innen in Somalia, Iran, Belarus und Myamar

Die fünfteilige Kurzdoku-Serie „Reports of Resistance”, die das Team 34 der Axel-Springer-Academy of Journalism & Technology produzierte, zeigt Aktivisten, Journalisten und Dissidenten, die für ihren Kampf für Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte bedroht, inhaftiert oder unterdrückt werden. Hier erzählen sie, ihre Angehörigen, Kollegen und Freunde ihre Geschichten vom Kampf gegen Unterdrückung, Diktatoren, Regime und Terrormilizen.  Während über den Iran und Afghanistan häufig in den Medien berichtet wird, würden Länder wie Somalia, Belarus und Myanmar meist vernachlässigt. Die 14 Journalistenschüler*innen haben diese Länder näher beleuchtet, denen eines gemeinsam sei: der Wunsch nach Freiheit und Frieden. In dem Beitrag wurde Künstliche Intelligenz auf verschiedene Weise eingesetzt: für KI-Untertitel sowie eine KI-Übersetzung mit automatischem Voiceover, wobei die Stimme ähnlich der des Protagonisten war. Und es wurde ein KI-Avatar erstellt, der sowohl eine Stimme als auch ein Video umfasste.

„Die Situation der Journalistinnen und Journalisten vor Ort wird auf lebendige und emotionale Weise erzählt, Die Jury lobt auch die handwerkliche Umsetzung des Themas“

, lautet ihr Urteil.

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Video der Preisverleihung

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