02.09.2022
BJV fordert Pressefreiheits-Klausel für Veranstaltungen
Öffentliche Träger müssen freie Berichterstattung schützen
Der Bayerische Journalisten-Verband fordert öffentliche Träger auf, eine Pressefreiheits-Klausel in Verträgen für die von ihnen kontrollierten Veranstaltungsorte zu verankern. So können Städte und Kommunen einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung leisten, indem sie die freie Berichterstattung auch vertraglich schützen.
Immer wieder schränken die Organisatoren von Konzerten und anderen Publikumsveranstaltungen die unabhängige Berichterstattung ein. Wenn etwa Presse- und Rundfunkvertretern Akkreditierungen entzogen oder Fotojournalisten mit Auflagen schikaniert werden, die ihre Arbeit unmöglich machen, argumentieren die Veranstalter mit ihrem Hausrecht. Der Bayerische Journalisten-Verband beobachtet mit Sorge, dass diese Rechtfertigung für die Einschränkung der Freiheit der Berichterstattung sogar in den von öffentlicher Hand kontrollierten Veranstaltungs-räumen wie selbstverständlich hingenommen wird. Dabei besitzen die Städte, Kommunen und Länder ein geeignetes Werkzeug, um Berichterstattung in eigenen Räumen und in denen ihrer Tochtergesellschaften zu schützen: Auch öffentliche Träger von Veranstaltungsräumen können ihr Hausrecht ausüben. Sie sollten dieses nutzen, um ihre Mieter und Vertragspartner zu verpflichten, Journalistinnen und Journalisten bei Veranstaltungen mit öffentlichem Charakter ohne Einschränkung zuzulassen. Der Bayerische Journalisten-Verband fordert daher, eine Pressefreiheits-Klausel in die Verträge von öffentlich kontrollierten Veranstaltungsorten aufzunehmen.
Hausrecht soll Pressefreiheit schützen, nicht einschränken
„Es darf nicht sein, dass Konzertveranstalter die Pressefreiheit nach Lust und Laune einschränken“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Journalisten-Verbands Michael Busch: „Insbesondere öffentliche Träger müssen vertraglich darauf bestehen, dass journalistische Berichterstattung in ihren Veranstaltungsorten frei und unabhängig möglich ist.“ Die Mittel zur Selbstverteidigung für von Ausschlüssen und strengen Zulassungskriterien betroffene Journalistinnen und Journalisten sind ohne eine solche Pressefreiheits-Klausel begrenzt: Sie können die Veranstaltung boykottieren. Dies kommt den schwarzen Schafen der Eventbranche jedoch gelegen. Diese können heutzutage, etwa online über Social Media, in eigener Sache ungestört werbend über sich selbst berichten.
Eine Pressefreiheits-Klausel, die bei Verstoß mit einer Vertragsstrafe verbunden sein muss, trifft die Veranstaltungs-Unternehmen dort, wo es schmerzt: Am Geldbeutel. „Bekenntnisse zur Pressefreiheit kommen kommerziellen Organisatoren von Konzerten leicht über die Lippen, nachdem der Schaden bereits angerichtet ist“, erklärt Michael Busch: „Wir möchten uns nicht darauf verlassen müssen, dass Unternehmen dieses Grundrecht nur aus gutem Willen achten. Die Einschränkung der freien Berichterstattung muss für sie einen signifikanten Preis über einen möglichen Imageschaden hinaus haben.“ „Die öffentlichen Eigentümer der Veranstaltungsorte oder deren Tochterfirmen fordern zahlreiche vertragliche Zusagen, vom Brandschutz bis zu banal praktischen Regelungen zu Auf- und Abbauzeiten“, ergänzt BJV-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Dennis Amour: „Sie können ebenso mit einer Pressefreiheits-Klausel das Grundrecht auf freie Berichterstattung schützen.“
Mit der Forderung nach einer Pressefreiheits-Klausel reagiert der BJV auf eine Grenzüberschreitung durch einen Veranstalter in München
Hintergrund der Forderung des Bayerischen Journalisten-Verbands ist ein Vorfall bei einem Großevent in München. Klaus Leutgeb, Geschäftsführer der Leutgeb Entertainment Group, hatte den Zeitungen Münchner Merkur und tz eine bereits zugesagte Akkreditierung für ein Robbie-Williams-Konzert auf dem Gelände der Messe München entzogen, nachdem diese zuvor kritisch über andere Konzerte des Veranstalters berichtet hatten. Zudem schimpfte Klaus Leutgeb in einem Facebook-Post auf „gesteuerte Schmierfink Medien“, die ihm seinen Erfolg neidig seien. Einige Tage nach den Konzerten und nach öffentlicher Kritik entschuldigte er sich bei den Zeitungen für den Entzug der Akkreditierungen, ebenfalls via Facebook. In seinem Posting bekannte er sich zwar zur Pressefreiheit, äußerte sich allerdings nicht zu seinem „Schmierfink“-Statement. Mittlerweile sind beide Facebook-Kommentare gelöscht.
Das Vorgehen von Leutgeb und seine zweifelhafte Wortwahl beschäftigt nun auch die Politik: Die Münchner Stadtratsfraktionen der Grünen/Rosa Liste und der Linken stellten am Montag eine Anfrage zur Wahrung der Pressefreiheit in Räumen städtischer Tochterunternehmen an den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter. Die Stadt München und der Freistaat Bayern sind Gesellschafter der Messe München GmbH. Der BJV hat dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter und der 2. Bürgermeisterin Katrin Habenschaden seinen Vorschlag einer Pressefreiheits-Klausel und ein Gesprächsangebot zukommen lassen.
Der Bayerische Journalisten-Verband möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Vorfall um Leutgeb zwar der Anlass für die aktuelle Forderung nach einer Pressefreiheits-Klausel ist. Das grundsätzliche Problem reicht allerdings weit über die Stadt München und diesen einzelnen Veranstalter hinaus: Dem Bayerischen Journalisten-Verband werden regelmäßig Konzertveranstaltungen bekannt, deren Organisatoren versuchen, mit strengen Akkreditierungsbestimmungen die Berichterstattung einzuschränken und insbesondere Pressefotografinnen und ‑fotografen in ihrer Arbeit zu behindern. Ein Angebot zum Gespräch über die Situation der journalistischen Berichterstattung bei Konzerten und anderen öffentlichen Veranstaltungen gilt daher auch für andere öffentliche Träger von Veranstaltungsorten in Bayern außerhalb der Landeshauptstadt.
TZ: Nach Entzug von Akkreditierung für Robbie-Williams-Konzert: Klaus Leutgeb entschuldigt sich
Grüne Fraktion München: Wahrung der Pressefreiheit in Räumen städtischer Tochterunternehmen
BJV-Kommunikation