Pressefreiheit
171 Journalisten überwacht - BJV kündigt Verfassungsbeschwerde an
Der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) reicht für ein betroffenes Mitglied Verfassungsbeschwerde gegen das Abhören des Pressetelefons der „Letzten Generation“ ein.
Vorletztes Jahr ordnete ein Richter des Amtsgerichts München die Überwachung der Telefonanschlüsse der „Letzten Generation“ an, um gegen sieben Mitglieder wegen des Verdachts auf Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Organisation zu ermitteln. Die Ermittler überwachten daraufhin auch Journalist*innen, die auf dem Pressetelefon der „Letzten Generation“ anriefen. Recherchen des Magazins BJVreport zeigten, dass 171 Journalist*innen betroffen waren. Erkenntnisse über schwere Straftaten gewannen die Ermittler beim Abhören des Pressetelefons offenbar nicht.
„Der Staat darf vertrauliche Gespräche von Journalist*innen nicht pauschal abhören. Das ist ein schwerer Eingriff in die Pressefreiheit“, sagt der BJV-Vorsitzende Harald Stocker. „Wir verurteilen scharf, dass hier keine sorgfältige Abwägung stattfand.“
Beim Abhören von Journalist*innen gelten andere Maßstäbe als bei Privatanschlüssen, über die sich Aktivisten zu Protesten verabreden. Journalist*innen sind Berufsgeheimnisträger und haben nach Paragraf 53 der Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht. Zwar dürfen auch sie abgehört werden (§ 160a StPO), aber nur bei Straftaten von erheblicher Bedeutung, und auch nur dann, wenn keine anderen Aufklärungsmöglichkeiten gegeben sind.
Das Landgericht München I wies diese Woche die Beschwerde eines BJV-Mitgliedes gegen die pauschale Abhöraktion ab. Der BJV vertritt das Mitglied juristisch. Dazu Stocker: „Es ist zwar ein kleiner Fortschritt, dass nun anerkannt wurde, wie tief die Überwachung des Pressetelefons in die Pressefreiheit eingreift. Diesen Eingriff nachträglich für rechtens zu erklären, ohne dass das Amtsgericht München ihn gewissenhaft abgewogen hätte, darf kein Vorbild für künftiges Vorgehen sein.“
Der BJV will mit der Verfassungsbeschwerde erreichen, dass jedes Gericht von Anfang an jeden schwerwiegenden Eingriff in die Pressefreiheit sorgfältig abwägt.
Die Kanzlei des Würzburger Anwalts Chan-jo Jun vertritt im Auftrag des BJV das betroffene Mitglied bei der Verfassungsbeschwerde. Der BJV unterstützt dabei im Rahmen seines Rechtsschutzes.
Kontakt für Rückfragen: Benedikt Frank, presse@bjv.de, 089 545 04 18 16
BJV-Kommunikation